Wunderbar, dieser
schon fast vorfrühlingshafte Sonntag, gekrönt mit der Goldmedaille von Beat
Feuz in einer grossen, spektakulären Weltsportart.
Es ist eben Bullshit
im Quadrat, wenn immer lamentiert wird, unseren Sportlern fehle es an
Nervenstärke, Leidensbereitschaft, Killerinstinkt und dem absoluten Willen, um
Spitzenresultate zu erzielen. Trotz Dario Cologna, Fabian Cancellara, Roger
Federer, Nino Schurter und wie sie alle heissen, hört man dieses Märchen immer
wieder. Gerade im Zusammenhang mit der Hockeynati.
Gewiss, meine
Aufzählung beinhaltet alles Einzelsportler, was bei näherer Betrachtung kein
Zufall ist. Die Schweiz, das wird immer wieder verkannt, ist ein guter Hafen
für Extraklasse auf allen Ebenen. Was uns schwächt ist einzig die Grösse, und
damit die mathematische Wahrscheinlichkeit auf Talente der Extraklasse. Deshalb
ist es einfacher, als Supertalent in einer Einzelsportart zu reüssieren, als in
einem Team von 30 Leuten, bei dem die Dichte an Klasse aufgrund der kleineren
Auswahl kleiner ist, als bei den Grossen aus Russland, Kanada, Schweden und den
USA. Daneben kommt noch dazu, dass der Stellenwert der einzelnen Sportarten in
den verschiedenen Ländern unterschiedlich ist. Eishockey zum Beispiel ist in
der Schweiz nicht die Sportart Nummer 1.
Wer meine
Saisonprognose gelesen hat, kann sich vielleicht noch wage erinnern, was ich
damals geschrieben habe: «Macht euch auf die langweiligste SCB-Qualifikation
des dritten Jahrtausends gefasst, liebe SCB Fans. Eine Qualifikation, in der
man zwischendurch Luft nach oben spürt, aber immer gut genug sein wird, um den
Schreiberlingen das grosse Theater zu vermiesen. Die
Abwehr wird nur noch 120 Tore zulassen, nicht mehr 162 wie in der Vorsaison und
bei der Torproduktion wird man die 152 aus der letzten Saison mindestens halten
können.»
In etwa so präsentiert
sich jetzt auch die Lage nach 44 Spielen. 137 Tore oder 3.1 pro Spiel erzielt.
Platz 4 in dieser Disziplin. Hier haben wir noch etwas Luft nach oben. Bei den
erhaltenen Toren stehen wir bei 102 oder 2.31. Ein befriedigender Wert mit Luft
nach oben. Vor allem wenn man berücksichtigt, dass es bei den Gegentoren ein
paar Ausreisser nach oben gab. In dieser Disziplin stehen wir zusammen mit den Lions
und Zug an der Spitze der Tabelle.
Bei der wichtigsten
Disziplin, den Punkten, stehen wir mit dem hervorragenden Wert von 92 oder 2.09
Punkten pro Spiel an der Tabellenspitze.
Wo steht unser SCB
also aktuell?
Ich würde meinen in
etwa dort, wo wir in den Jahren unter John Van Boxmeer schon öfters standen.
Eine problemlose Qualifikation mit einer eindrücklichen und sehr gefälligen
Phase im Frühwinter. Danach die Einkehr einer gewissen Wohlstandsverwahrlosung,
in der das letzte Quäntchen Bereitschaft zum Schmerz aufgrund der komfortablen
Tabellenlage Einzug hielt. Wer will es den Spielern verübeln?
Wie sich die Sache
entwickelt werden wir nicht nächste Woche, nicht in den letzten
Qualifikationsspielen sehen. Nein, erst ab dem 4. März, wenn die Playoffs
beginnen, werden wir sehen, ob die guten Eigenschaften, welche in der
Mannschaft stecken, abgerufen werden können. Die Eigenschaften, welche uns im
letzten Frühling den Titel gebracht haben. Den unbändigen Willen, gepaart mit
Kaltblütigkeit und Spielfreude. Ohne Berechnung Vollgas. Schwierig nach Monaten
in der Komfortzone.
Ich sehe zwei Punkte,
die Grund zur Zuversicht geben. Leonardo Genoni. Keiner der möglichen
Viertelfinalgegner verfügt über einen so ausgeglichenen und starken Schlussmann
wie der SCB. Leo könnte dem SCB die Angewöhnungszeit verschaffen, um nach einer
bequemen Quali die Betriebstemperatur für die Playoffs noch rechtzeitig zu
erreichen.
Den zweiten Grund sehe
ich in der Lage am Strich. Die Situation, sorry nach Langnau, scheint mir einigermassen
klar zu sein. Es dürfte dieses Jahr kein Team geben, welche die Playoffs im
Schlussspurt in Extremis noch schafft und dann vollgetankt mit Euphorie zum grossen
Favoritenschreck mutiert.
So gesehen blicke ich, wie in dieser Saison üblich, einigermassen entspannt auf die Dinge, die da kommen werden.