Duc's Blog

Eishockey ist in vielerlei Hinsicht eine attraktive Sportart. Nicht nur das Geschehen auf dem Eis, sondern auch das Umfeld, die Berichterstattung der Medien, die Fans, die Stimmung in den Stadien und die Problematik der Sicherheit rund um die Spiele sorgen für jede Menge Gesprächsstoff.

Ich schreibe in meinem Blog vorwiegend über den Schlittschuh Club Bern.

Daneben greife ich gerne auch Themen wie Verbandspolitik und das Schiedsrichter- und Verbandsgerichtswesen auf. Ebenfalls am Herzen liegen mir gesellschaftspolitische Aspekte, welche sich bei der Sicherheitsproblematik in und um die Stadien in zuweilen wenig erfreulicher Art und Weise manifestieren.

Montag, 23. April 2012

Wirklich arm ist nur, wer nie geträumt hat!

Es ist bereits wieder eine Woche vergangen, seit die bestbesuchte Frustparty Europas ihr Ende fand. Wer es noch nicht getan hat, sollte jetzt langsam daran denken, den Grind zu schütteln und den Blick in die Zukunft schweifen zu lassen. Auf zu neuen Träumen!

Neulich hat mir einer auf meine Krüger-Schwärmereien im letzten Blog geschrieben, ich könne ja jetzt meine Blogs für nächste Saison bereits schreiben, da es nun sowieso nur noch darum gehe, Antti Törmänen zu Boden zu schreiben.

Das ist selbstverständlich Blödsinn! Sowenig ich Larry Huras, dessen Verpflichtung mir seinerzeit wenig Freude bereitet hatte und dessen frühzeitige Vertragsverlängerung in der Saison 10/11 ich kritisierte, zu Boden geschrieben habe, sowenig werde ich das bei Antti Törmänen tun.

Schliesslich habe ich gegen die Person Törmänen gar nichts. Unerfahrenheit ist ein Umstand, kein Vorwurf. Es geht mir einzig und alleine um die Zukunft und die Situation rund um den SCB. Machtfülle, Ansprüche, Medien, Erwartungen, der ganzen Zirkus eben.

Ich male keine Bilder, auch keine schwarzen. Ich versuche lediglich, die Dinge so zu beschreiben, wie ich sie wahrnehme. Selbstverständlich habe ich meine Vorstellungen, wie die Dinge laufen sollten. Aber letztendlich liegt die Wahrheit auf dem Eis und auf der Resultattafel, nicht in irgendwelchen Vorstellungen von irgendwem.

«Ich hatte ein gutes Bauchgefühl. Schon als ich ihn kennen lernte, beeindruckte er mich sehr. Er ist hyperintelligent, kennt das Geschäft in- und auswendig, macht seriöse Arbeit und führt doch keine grosse Klappe», sagt Marc Lüthi zu Törmänen. Persönlich bin ich zwar immer noch überzeugt, dass es beim SCB auf der Position des Trainers ein Ego bis zum Hallendach braucht und dass Ralph Krüger gewissermassen der Prototyp des perfekten SCB-Trainers wäre. Aber andererseits mag ich gewagte Bauchentscheide von Verantwortungsträgern.

«Man sagt mir zu Recht nach, ich sei immun gegen Kritik. Ich bin aber auch immun gegen Lob. Das gibt mir die Freiheit, das zu tun, was ich für nötig halte», sagt Marc Lüthi über sich selber. Und so ist es wie es ist und ich finde die Aussicht auf eine Saison unter Cheftrainer Antti Törmänen spannend.

Ich werde sie kritisch, aber durchaus wohlwollend begleiten.

Die Vergangene Saison ist für mich passé. Die Tatsache, dass wir bis 2 Sekunden vor Ende des 7. Finalspiels vom Titel träumen durften, war grandios! Dass es zum Schluss nicht zum Triumph gereicht hat, ist zwar schade, ändert aber letztendlich nichts an der Gesamtbeurteilung der Saison, die ich mit «gut» bewerten würde. 5 Lüthis, könnte man sagen. J

Schade, fiel die Entscheidung zum Schluss durch ein Tor, das man nicht hätte geben dürfen. Aber wer nach einer 3:1 Führung dreimal in Folge verliert und in der Finalissima nur 1 mickriges Törchen zustande bringt, sollte nicht hadern. Es gibt im Eishockey nun mal kurioses und strittiges. Wenn man eine Serie über 7 Spielen wegen einer strittigen Szene verliert, war man schlicht und einfach zu wenig gut. Das muss man akzeptieren, daraus die richtigen Lehren ziehen und weiter gehen.

Dass es heutzutage dazugehört, dass man Meistershirts auf Vorrat drucken muss, leuchtet mir einigermassen ein, auch wenn es schwerfällt. Und dass man diese im Hinblick auf die globale Situation irgendwie verwerten muss, wenn der Schuss mit dem Titel nach hinten herausgeht, ist nichts als richtig. Dass man aber den saublöden Spruch «Meister der Herzen» auf die Shirts gedruckt hat, schlägt dem Fass den Boden aus! Ich pfeife auf diese konstruierten und mistigen Herzen! Die Hockeyschweiz erlabt sich an der Schadenfreude, worauf wir wahrhaftig stolz sein können und die Pfeife mit der Nummer 66 wird für seinen Oberflop medial gar in den Adelsstand erhoben.

In diesem Sinne hätte man statt dem marketingtechnischen Supergau mit dem «Meister der Herzen» gescheiter die Nummer 66 auf die Rückseiten der Shirts gedruckt und quer darüber mit leuchtend roter Farbe den Schriftzug «Scheisse!»

Von Marie von Ebner-Eschenbach habe ich passend zur Situation um den SCB ein vielsagendes und wunderbares Zitat gefunden, welches sich sowohl an die Trauernden, wie auch an die Fraktion der schadenfreudigen Habenichtse widmet:

«Nenne dich nicht arm, weil deine Träume nicht in Erfüllung gegangen sind; wirklich arm ist nur, der nie geträumt hat.»

Gefallen haben mir die Aussagen zu allfälligen Transfers für die neue Saison. Dass man bei der Verpflichtung von Ausländern keine Schnellschüsse produziert, sondern sich Gedanken machen will, wenn allenfalls noch Schweizer Top-Spieler auf den Markt kommen, ist weise. Gerade das Traktandum Geoff Kinrade, welchen Sven Leuenberger im Prinzip gerne behalten möchte, ist das beste Beispiel für Weitsicht und Geduld. Einen ausländischen Defensivstürmer zu verpflichten macht nämlich nur Sinn, wenn es gelingt, einen Schweizer Top Verteidiger mit Offensivpotential zu verpflichten, oder wenn man gedenkt, mit 5 Ausländern in die neue Saison zu starten. Persönlich bevorzuge ich eher die Formel, nur mit 4 zu starten und das Team erst im Spätherbst mit einem 5. Söldner zu ergänzen.

«Sven Leuenberger ist für die Transfers zuständig, ich will ihm nicht dreinreden», sagt Marc Lüthi zu diesem Thema. «Klar ist, dass wir keine Transfersummen mehr bezahlen. (Bravo!) Wenn ein Topspieler auf den Markt kommt, werden wir uns Gedanken machen. Aber wir geben insgesamt nicht mehr Geld aus, als wir einnehmen – Ende der Diskussion!»

«Der SCB dürfte in Bälde einen Stürmer aus Skandinavien verpflichten», spekulierte Reto Kirchhofer neulich in der «Berner Zeitung.» Es könnte sich dabei um den 27-jährigen Nicklas Danielsson von MODO Hockey handeln. Ein durchaus reizender Gedanke.

Schauen wir, wie sich die Dinge entwickeln werden. Jean-Pierre Dumont liebäugelt immer noch mit der NHL und will daher die Free-Agency-Periode abwarten. Joel Kwiatkowski hat für 2 Jahre bei Gottéron unterschrieben und Jean-Pierre Vigier wird den SCB ebenfalls verlassen müssen. Der von mir geforderte Schnitt bei den Ausländern nimmt also langsam Form an.

Zum Abschluss der Saison bleibt mir noch zu danken. Dem SCB, für die interessante Saison mit den wunderbaren Playoffs zum Abschluss, den vielen Lesern, welche mich zum Weiterschreiben motivieren, den Verfassern von interessanten Kommentaren und den guten Feen auf Twitter, welche meine Posts retweeten und mir so zu zusätzlichen Klicks verhelfen.

Sorry, dass ich zuweilen ärgere. Aber Geschreibsel das niemand verärgert ist oft auch nichts wert. Was oberflächlich gefällt, bewegt nicht und wird auch schlecht gelesen. In diesem Sinne ist es mir ganz recht, dass sich die Leute dann und wann etwas erhitzen. Wenigstens solange sie trotzdem noch lesen. J

Apropos Twitter: «Definitiv keine Abo-Preiserhöhungen für die nächste Saison. Direkt hinter den Strafbänken wird es sogar ein wenig billiger!», ist dort von Marc Lüthi zu lesen. Und weiter wird gemeldet, dass Martin Plüss auf die Teilnahme an der WM verzichtet.

Wer gerne über den eigenen Tellerrand schielt ist eingeladen, gelegentlich auf das Bildchen mit der neuen Ilfishalle auf der rechten Seite des Blogs zu klicken. Ich werde, wenn ich mit meinem Pressiereisen durch das Emmental rase, oder wenn ich mich bei Horisberger Michu mit den besten Bratwürste der Gegenwart ausrüsten gehe, mit meiner Kamera immer wieder Baustellenbilchen aus dem neuen Playout-Country knipsen. Diese darf man für nicht kommerzielle Zwecke auch frei verwenden.

Ansonsten gehen wir weiter. Es folgen Sommerträume, bevor wir ab Herbst wieder zu neuen Meisterträumen starten dürfen.

Habt Spass dabei!

Mittwoch, 18. April 2012

Ein braver erster Verlierer


Der SCB hat es in der Finalissima trotz mehr Spielanteilen nicht geschafft, genügend zwingende Torchancen für den Sieg zu erzwingen. Die ZSC Lions, welche sich trotz Widrigkeiten nie von ihrem Weg haben abbringen lassen, glänzten im Gegenzug mit meisterlicher Effizienz, gewannen mit 1:2 und konnten in der Folge verdient den siebten Meistertitel der Vereinsgeschichte feiern.

Jeder wie er möchte und wie es ihm behagt, aber ich kann mit diesem Scheiss-Vize-Misttitel nichts anfangen. Erster Verlierer zu sein, ist weder Trost noch Ehre, sondern ganz einfach ein unsäglicher Mist!

Ich habe nach dem 4. Spiel in Zürich, welches der SCB mit 2:0 gewonnen hatte davon geschrieben, dass der SCB leistungsmässig den Peak erreicht habe, was so viel heisst, wie dass es besser nicht mehr geht. Bis zu diesem Spiel habe ich immer von «weiter, immer weiter» fabuliert. Leider musste ich in der Folge auf diese Redewendung verzichten.

Nach diesem Spiel, welches uns drei Meisterpucks bescherte, ist der SCB nämlich seinen Weg nicht mehr weitergegangen. Man liess sich im Gegenteil ein paar Schritte zurückfallen, um den Gipfel besser sehen zu können. Schnörkellose Coolness  wurde damit von mutlosem Verwalten abgelöst und dadurch wurde das Momentum den Lions überlassen. Ich hatte zuweilen das Gefühl, man vertraue darauf, dass der Meisterkübel dann schon irgendwie komme.

Die Lions sind im Gegenzug ihren Weg trotz Pech, Widrigkeiten und scheinbar hoffnungslosem Rückstand beharrlich weitergegangen und haben damit dem nachlassenden SCB das Momentum entrissen und nicht mehr losgelassen. Die Zürcher haben gewissermassen genommen, was man ihnen gegeben hat. Den Rest haben sie in den Schlussminuten der Finalissima mit unbändigem Willen, schlauer Taktik, Mut und Glück, oder eben dem Momentum erzwungen.

Nein, dieses Tor in den Schlusssekunden hätte niemals gegeben werden dürfen. Aber solche Tore fallen eben auf der Seite des Momentums. Das Tor fiel auch nicht aus heiterem Himmel, sondern es wurde mit aller Kraft gesucht. Wir hätten es auch genommen, wenn wir es auf diese Weise erzwungen hätten. Aber wir waren brav und begnügten uns mit einem Treffer. Zuwenig in einer Finalissima im eigenen Stadion. Da gibt es nichts zu lamentieren.

Der SCB wird in den Medien für seine Überlegenheit im Spiel 7 gelobt. Ich kann dem nur bedingt zustimmen. Gewiss, man diktierte über weite Strecken das Spiel, hatte mehr Scheibenbesitz und wohl auch mehr Abschlüsse. Wie meistens. Nur waren diese Abschlüsse zu wenig zwingend. Wie meistens in dieser Saison. Die Offensivbemühungen des SCB wirkten auf mich dosiert und fantasielos und so hatten die Lions ihren Slot weitgehend unter Kontrolle.

Mir wäre es lieber gewesen, man hätte Gegentore auf gefährliche Querpässe in der Offensive erhalten, als durch eine stümperhafte Unzulänglichkeit in der Abwehr, wie beim 0:1 durch Mark Bastl in der 20. Minute. Für mich war der Auftritt offensiv mutlos und defensiv zu wenig konsequent. Wer Meister werden will, muss meisterlich auftreten. Der Auftritt des SCB war in Anbetracht der Ausgangslage zu wenig zwingend, als dass man sich über fehlendes Glück oder gar über die Leistung des Schiedsrichters beschweren könnte.

Schliesslich kassierte der SCB in diesem Spiel keine einzige Strafe, währendem die Lions zweimal in Unterzahl spielen mussten. Hätte man einen dieser Ausschlüsse zum Führungstreffer nutzen können, hätte man sich von den Emotionen zum Titel tragen lassen können. Leider hat man es in dieser Phase wegen unpräzisem Passspiel aber verpasst, einen Treffer zu erzielen. Wär se nid macht, überchunnt se haut irgendeinisch u Hätti u Wetti si scho geng Brüeder gsi. Kene het öppis gha...

«Wenn man im eigenen Drittel unter Druck ist, könnte man auch einmal das Befreien als Priorität ins Auge fassen.» Verflucht, diese Zeilen stammen aus einem meiner Blogs vor der Halbfinalserie. Ich finde es einfach zum Kotzen, dass man gestern in den Schlussminuten, als die Lions den Titel mit allen Mitteln zu erzwingen begannen und das Spiel quasi nur noch im Drittel des SCB stattfand, wieder und wieder tändelte, statt den Zürcher Rhythmus mit destruktivem Abräumen zu brechen.

Das Zürcher Tor war absehbar, ja richtiggehend parkiert! Die Zürcher hatten ihre Kräfte gebündelt und alles auf eine Karte gesetzt. Warum das offensichtlich keinem unserer Trainer an der Bande auffiel, wissen die Götter. Man hat verdammt nochmal für solche Schlüsselszenen ein Timeout zur Verfügung, welches man zur Beruhigung der Situation und zur Neuorganisation hätte ziehen MÜSSEN!

Leider hat man es nicht getan und jetzt hat man den Schaden und die Schmach, sich als braver Verlierer mit guter Miene zum schlechten Spiel präsentieren zu müssen. Unnötig und zum Grediusemööge, dieses mistige Szenario. Ich habe nach dem Spiel anstandshalber noch die Pokalübergabe abgewartet, dann bin ich wie ein geprügelter Hund schnurstracks ins Körbchen geschloffen und habe mich dem Schlaf des Gerechten gewidmet. Ich konnte mich nicht einmal mehr richtig ärgern, lediglich eine tiefe Leere hat mich befangen.

Die Einsetzung von Antti Törmänen als Headcoach des SCB war eine mutige und durchaus sympathische Aktion. Aber jetzt, da die Saison gelaufen ist, gilt es, nebst dem Lecken von Wunden den SCB für die Zukunft so aufzustellen, dass weitere Finals folgen werden. Wie ihr wisst, liegt mir jegliche Polemik fern, aber eine Organisation mit hohen sportlichen Zielen braucht einen Bandengeneral, keinen Trainerpraktikanten, der sich in einem Playofffinal nach allen Regeln der Kunst zum Zuschauer coachen lässt! Ich habe vor dem Final vom Duell des Gesellen gegen den Grossmeister geschrieben. Die Serie hat eindrücklich und in aller Deutlichkeit gezeigt, was ich damit gemeint habe. Es ist jetzt an der Zeit, dieser durchaus netten Episode ein Ende zu setzen und in der Trainerfrage Nägel mit harten Köpfen zu machen.

Die Hockeygötter haben das Drehbuch so geschrieben, dass Ralph Krüger im richtigen Moment frei wird. Es wäre geradezu fahrlässig, diese einmalige Chance jetzt nicht zu nutzen! Ansonsten dürfte das Szenario für die nächste Saison in etwa so laufen, dass im Spätherbst, pünktlich zum ersten Schnee der nächste Übergangstrainer verpflichtet werden muss. Das wäre zwar einmal mehr gut fürs Theater, aber gleichzeitig auch treten am Ort. Ich höre mich schon über die fahrlässig entgangene Grosschance lamentieren, die nähere sportliche Zukunft auf solideste Beine zu stellen.

Auch bei den Ausländern muss jetzt ein Schnitt gemacht werden. Jean-Pierre Dumont wäre mit seiner mangelnden Tempofestigkeit in der Qualifikation kaum zu ertragen und Joel Kwiatkowski, seinerzeit als Josi-Ersatz verpflichtet, tritt zwar seit letztem Herbst deutlich verbessert auf, konnte aber dem wenig erbaulichen Offensivspiel der Mannschaft in den Playoffs auch keine entscheidenden Impulse geben. Antti Törmänen fühlte sich nicht ohne Grund genötigt, den angeschlagenen Roche zu bringen. Trotzdem hätte er ein siegreiches Team nicht ohne Not verändern sollen.

Falls im Hinblick auf die nächste Spielzeit kein erstklassiger Schweizer Verteidiger mit Offensivpotential verpflichtet werden kann, muss man sich mit schwerem Herzen auch von Geoff Kinrade trennen. Einen reinen Defensivsoldaten als Playoff Verstärkung kann man auch im Spätherbst noch verpflichten. Ohne einen kreativen Schweizer Zuzug in der Verteidigung braucht der SCB neben dem seit nunmehr eineinhalb Saisons dauerverletzten Travis Roche aber dringend einen zweiten ausländischen Offensivverteidiger und im Angriff einen Spieler, der die Fähigkeit hat, in engen Spielen auch einmal durchzubrechen. Einen Spieler, wie er uns in diesen Playoffs gefehlt hat!

Beim SCB werden in den kommenden zwei Jahren die verblassenden Leader Martin Plüss und Ivo Rüthemann ersetzt werden müssen. Daneben gilt es, die Nachfolge von Marco Bührer anzugehen. Im Schatten von Ralph Krügers Charisma und mit seinen erstklassigen Verbindungen wären die Voraussetzungen geschaffen, um im Hintergrund in Ruhe die Fäden zu ziehen, um den Kern der Mannschaft zu erneuern, ohne dabei sportliche Turbulenzen entstehen zu lassen.

Trotz dem momentanen Frust hat uns die Mannschaft in den Playoffs aber auch viel Freude bereitet. Wär hätte schon damit gerechnet, dass uns der SCB bis 2,5 Sekunden vor Schluss des letzten Spieles den Meistertraum würde träumen lassen? Man hat es gehofft, aber ernsthaft geglaubt wird das kaum jemand haben. Einer unbefriedigenden Qualifikation folgten 17 wunderbare Playoffspiele und jede Menge unerfüllte Meisterträume. Das Leben dieses Traumes bis in die Finalissima wird uns diese Saison im Nachgang aber trotzdem in guter Erinnerung bleiben lassen.

Nichtsdestotrotz ist es schade, dass es auch in den Playoffs keinem unserer Leader gelungen ist, aus der soliden Masse herauszustechen. Schaut man auf die Qualifikationsleistungen unserer Schlüsselspieler, ist es aus Berner Sicht wenig verwunderlich, dass die Musik letztendlich von Andres Ambühl, Thibaut Monnet und Luca Cunti, nicht aber von Ivo Rüthemann, Martin Plüss oder Ryan Gardner gespielt wurde. Nächste Saison erwarte ich von diesen Spielern schon während der Qualifikation zumindest ansprechende Leistungen!

Beeindruckt hat mich in dieser Saison ausschliesslich unsere junge Garde. Joel Vermin, Pascal Berger, Christoph Bertschy, Tristan Scherwey und Etienne Froidevaux haben mich gewissermassen durch die Saison getragen. Enttäuschend waren die Arrivierten und letztendlich auch die Ausländer. Selbst der vielgerühmte Byron Ritchie war nicht in der Lage, in schwierigen Momenten eine Entscheidung zugunsten des SCB zu erzwingen. Die Meinungen, man müsse weiss nicht was für Spieler verpflichten, damit sich Ritchie entfalten könne, finde ich ermüdend. Ich denke eher, dass wir Ausländer brauchen, die ihre Nebenspieler beflügeln.

Marc Lüthi wurde übrigens letzte Nacht mit einer Holzkiste und einem Klappspaten auf der grossen Allmend gesehen. Ob er seine Meisterträume zu Grabe getragen hat, oder ob er nur die eingesparten Meisterprämien vor neuen Begehrlichkeiten in Sicherheit bringen wollte, entzieht sich allerdings meiner Kenntnis.

Schauen wir, was die kommenden Tage und Wochen bringen werden. Es könnte durchaus spannend werden. Gespannt bin ich auf Erklärungen zu den Verletzungen von Dumont und Roche. Daneben habe ich den bitteren Geschmack der Niederlage aus dem Mund gespült und freue mich auf den nahen Sommer.

In diesem Sinne: S isch ja nur äs chlises Tröimli gsi...

Viel Spass und nichts verungut für meine kontroversen Gedanken. J

Dienstag, 17. April 2012

Finalissima!

Drei Meisterpucks hatten wir. Normalerweise sollte das ausreichen, um ein Spiel und damit den vermeintlich so nahe gewesenen Titel zu gewinnen. Einen dieser Meisterpucks haben wir noch. Wir sind also immer noch im Soll.

Trotzdem ist es möglich, dass wir das 7. Spiel, das Grande Finale in Bern am Dienstag verlieren. Bis jetzt war die Situation in diesen Playoffs nervenmässig ja sehr komfortabel. Bangen mussten wir bisher noch nie. Wir mussten nie einen Rückstand in einer Serie hinnehmen, haben immer das Break geschafft und durften daher immer cool und zuversichtlich bleiben.

Erst im Final wurde die Angelegenheit delikater. Der 1:1 Serienausgleich der Lions vermochte zwar noch niemanden zu beunruhigen und der 3:2 Anschluss der Lions war aufgrund der Vergangenheit gewissermassen parkiert. Erst der 3:3 Ausgleich vermochte die Anhängerschaft etwas aus der Ruhe zu bringen.

Die einen üben sich jetzt in Zweckoptimismus, andere in Zweckpessimismus und wieder andere beissen unterdessen auf dem Fleisch der Fingerkuppen herum, weil die Fingernägel am letzten Samstag bis aufs Blut abgefressen wurden. Viele werden für ihre Umgebung langsam aber sicher zur Plage, mit ihrer nervösen und hässigen Grundstimmung und das Bruttosozialprodukt in der Region Bern dürfte ab den vielen unkonzentrierten Mitarbeitern langsam in den Keller stürzen.

Bei mir ist es so, dass ich mich noch einmal so richtig freue auf die Finalissima. Zurzeit bin ich noch ganz ruhig, aber die letzten Stunden vor dem Spiel werden heftig werden. Auch für die Spieler, man braucht sich da keine Illusionen zu machen.

Eine bessere und würdigere Entscheidung für einen Playofffinal kann man sich trotzdem nicht wünschen. Nach sechs Spielen, in denen sich die beiden Finalisten so richtig auf den Zahn fühlen konnten, gibt es jetzt keine Geheimnisse mehr. Es bleibt den Teams für das alles entscheidende Spiel nichts anderes übrig, als mit dem offenen Messer zu agieren. Es steht ein wahres Hitchcockfinale an. Etwas besseres kann man als Hockeyfan gar nicht erleben. Kein Wunder, gibt es die Neider. Sie möchten auch, müssen sich aber mit roten Zahlen und halbleeren Bruchbuden begnügen.

Trotzdem bin ich froh, dass bald für ein paar Monate Ruhe ist mit Eishockey. Ich sehne mich nach Sommer und ausgedehnten Töfftouren durch gottverlassene Gegenden mit gigantischer Natur und Landschaft. Fertig mit der ewigen Blogschreiberei, die auf Dauer durchaus auch an die Substanz geht. Es braucht neue Eindrücke, Erlebnisse und viel Lektüre, um den Energiespeicher der Buchstaben und der Redewendungen wieder aufzufüllen.

Irgendwann nach der WM werden wir uns noch mit neuen Ausländern und allfälligen Überraschungstransfers zu befassen haben. Daneben wird von meiner Seite bis zur neuen Saisonprognose Ende August mehr oder weniger Ruhe sein.

Wer auch immer morgen den Kübel in die Höhe stemmen kann, es wird verdient sein. Einen Favoriten zu nennen ist schwierig. Der SCB hat die Breite, die Qualität und den Heimvorteil. Die Lions die Gewissheit, dass sie ihren Weg in diesem Finale, obwohl sie immer im Rückstand waren, nie verlassen haben. Der ZSC kommt mir vor, wie eine gewaltige Dampfwalze. Zwar relativ gemächlich im Tempo, aber derart massig, dass sie durch nichts aus der Bahn zu bringen oder zu bremsen ist.

Der SCB hat ähnliche Eigenschaften. Nur ist es den Bernern seit dem Break im 4. Spiel nicht mehr gelungen, auf dem eingeschlagenen Weg weiterzugehen. Seit man den Titel vor Augen hat, ist aus Coolness ängstliche Vorsicht und aus Effizienz nervöses Gezitter geworden. Man spielt zwar mit Leidenschaft, es schleichen sich aber kleine Fehler und Unzulänglichkeiten ein.

Wie wir alle wissen, führen Fehler in einem Playofffinal unweigerlich zu Gegentoren. Nicht zuletzt deshalb wird schon fast gebetsmühlenartig die Floskel bemüht, dass es die Defensive ist, welche Meisterschaften entscheidet. Man darf nichts zulassen.

Der SCB kennt unterdessen das Gefühl, sich den Kübel mit einem Sieg sichern zu können. Es ist ihm nicht gut bekommen. Hoffen wir also, dass die Angst vor der Niederlage in der Finalissima die Chemie der Hormone so verändert, dass wir den Weg, den wir bis Spiel 4 gegangen sind, wieder finden. Zusammen mit dem Heimvorteil würde das wohl ausreichen, um dieses allesentscheidende Spiel zu gewinnen.

Umgekehrt könnte beim ZSC die Luft nach dem Ausgleich in der Serie etwas verpufft sein. Die Befreiung, die Finalissima nach der fast ausweglosen Situation in Extremis doch noch geschafft zu haben, könnte dazu führen, dass die für die Konzentration so wichtige Spannung etwas nachlässt und der Nervosität vor dem jetzt möglichen Titelgewinn Platz macht. Wenn das eintrifft, werden die Stöcke der Zürcher zittern.

«Ich glaube, dass der SCB sich den Titel doch noch holen wird», sagt Renato Tosio. «Sie werden sich ihrer Stärken besinnen und sich in der Defensive nicht mehr aus der Reserve locken lassen. Ausserdem haben nun auch die ZSC Lions einen Matchball. Ich bin gespannt, wie die Zürcher nun angesichts dieser Ausgangslage spielen werden, denn bei mir hinterliessen sie keinen so abgebrühten Eindruck.»

Ich hoffe einfach, dass der SCB morgen noch einmal ein bestes Spiel der Saison spielen kann. Für mich gäbe es nichts Schlimmeres, als eine Niederlage in einem verbremsten Spiel. Bitte versuchen, von Beginn weg körperlich dominant, bestimmt und mutig auftreten. Man muss an die eigenen Stärken glauben und darf keine Angst vor dem Versagen haben!

Die Fans der Kloten Flyers bangen zurzeit um den Fortbestand ihres Klubs. Wir hingegen leben seit über einem Monat einen Traum, aus dem wir heute erwachen werden. Als Meister oder auch nicht. Was immer auch geschieht, die Zukunft des SCB ist rosig. Wir werden auch nächste Saison wieder träumen können. Das sollten wir nicht vergessen!

Mit dem Meister- oder Vizemeisterblog werde ich mir voraussichtlich etwas Zeit lassen. Wie immer es auch herauskommen wird, ich werde wohl eine gewisse emotionale Leere verspüren. So kann man nicht schreiben. Man müsste vorschreiben, aber ein Blogger tut das nicht. Lust oder Frust lässt sich schliesslich nicht vorwegnehmen.

In diesem Sinne geben wir noch einmal alles was wir haben für den Sieg. Und nach dem Spiel gilt es, mit Respekt vor dem Gegner zu triumphieren oder dann halt in Würde zu verlieren!

Zum letzten mal: Hopp SCB!

Sonntag, 15. April 2012

Schlechte Verlierer können niemals Sieger sein!

Der SCB vergab im Hallenstadion auch den zweiten Matchpuck gegen die aktiveren ZSC Lions, welche das Spiel in entfesselter Manier verdient mit 6:3 gewannen. Jetzt folgt am Dienstag das allesentscheidende «Grande Finale» in Bern.

In einem Finale muss man Farbe bekennen, das Gesicht zeigen, aus dem Vollen schöpfen. Was nicht funktioniert hat Konsequenzen, erfordert seinen Preis.

Es ist nicht möglich, eine Serie zu verwalten. Auch ein 0:0 lässt sich nicht verwalten, es bringt nichts, da ein Sieg erforderlich ist. Einen Titel muss man sich holen, er kommt nicht von selber!

Eishockeyspiele werden gewöhnlich von der aktiveren Mannschaft gewonnen. Das Momentum bestraft berechnende Passivität und belohnt Mut und Leidenschaft. Die Lions waren gestern die mutigere und leidenschaftlichere Mannschaft und wurden demnach von den Hockeygöttern verdient belohnt.

Nach dem 4. Spiel, welches der SCB in Zürich mit 2:0 gewann, habe ich davon geschrieben, dass der SCB den Peak erreicht hat. Besser als in diesem Spiel kann der SCB nicht spielen, war mein Eindruck.

«Schauen wir, ob der SCB die Pace halten kann und was der ZSC noch an Überraschungen auf Lager hat. Man darf die Zürcher nicht aufgeben. Sie verfügen über ein starkes Team mit einigen Charakterköpfen. Man muss auf der Hut sein, das Momentum wechselt sonst rasch die Seite.»

Leider konnte der SCB in Anbetracht der 3 Meisterpucks die Pace nicht halten. Man begann die Spiele, wie wenn es darum ginge, eine sichere Führung zu verteidigen. So auch gestern. Man tat zu wenig für den Sieg, hat die Bedeutung des Momentums unterschätzt.

Es braucht den heiligen Zorn, den unbedingten Willen, um das Momentum zurück zu zwingen. Nur mit dem Momentum im Rücken lässt der Schiri zweifelhaftes laufen, finden Flatterpucks den Weg ins Tor. Wer aber wie ein ängstlicher Hund mit eingezogenem Schwanz agiert, läuft hinterher, kratzt und beisst und verliert.

Wo ist sie nur geblieben, die hochstehende Taktik, die gnadenlose Effizienz, die Disziplin und die Cleverness? Wo sind sie, die Eigenschaften die uns ins Finale und zur 3:1 Führung gebracht haben? Verblasst aus Angst vor dem Titel?

Man hat es den Lions leicht gemacht, die Nervosität im eigenen Stadion zu überwinden und mit dem Rücken zur Wand zu explodieren. Nachdem man im ersten Drittel zu passiv war, den Zürchern gewissermassen Spalier stand und körperlich zu wenig präsent war, holten diese zu einem meisterlichen Schlag aus, auf den der SCB nicht mehr zu reagieren vermochte.

Einen Drei-Tore-Rückstand holt man in einem Finalspiel gegen eine routinierte Mannschaft mit Charakter gewöhnlich nicht mehr auf. Da müsste man schon früher aufwachen! Der SCB hat zwar mit dem Mute der Verzweiflung noch einmal alles probiert und ist gegen die in dieser Phase flatternden Zürcher noch einmal herangekommen. Man musste aber derart überdreht agieren, dass man sich mit blöden Strafen gleich selber wieder aus dem Spiel nahm. Coolness funktioniert dann eben nicht mehr.

Schade, bringt man das erforderliche Extraquäntchen unbändige Leidenschaft nur aufs Eis, wenn man das psychologisch-taktische Spielchen eigentlich schon verloren hat. Ändert sich an diesem Dilemma bis am Dienstag nichts, wird man gratulieren müssen. Sollte es den Lions nämlich gelingen, nach einem 3:1 Rückstand in dieser Finalserie zurückzukommen und das entscheidende Spiel auswärts auch noch zu gewinnen, sind sie ein verdienter, ja ein grosser Meister.

Unsere Fans haben gestern die Hockeygötter verärgert. Man muss auch verlieren können. Nur wer den bitteren Geschmack der Niederlage ertragen und mit Würde schlucken kann, hat die Voraussetzungen zum Sieger. Nur wer mit Niederlagen umgehen kann, kann daraus die Energie und den Willen für zukünftige Siege schöpfen. Wer nicht verlieren kann, verspielt den Respekt, ohne den man nicht zum Sieger werden kann. Der Teufelskreis der Verlierer...

Sauft euer Bier oder leert es auch meinetwegen über die eigene Fresse, wenn ihr es nicht vertragen könnt. Sonst wird man die Blöcke in Zukunft noch besser abriegeln und den Ausschank von Alkohol in Gästesektoren verbieten müssen. Wasser ohne Kohlensäure und sonst nichts!

Am Dienstag wird es darum gehen, in Würde zu siegen oder in Anstand zu verlieren. Wer das nicht kann, verfügt über keinen Sportgeist und sollte von den Stadien ferngehalten werden. Selbstdarsteller auf Kosten des Sportes braucht es definitiv keine. Sie schaden der Sache, der Organisation und letztendlich auch der Mannschaft.

Es ist gut, geht es jetzt auch für den SCB wieder um alles oder nichts. Siegen und den Titel in die Höhe stemmen, oder abgrundtiefe Leere. Es wäre ein brutales Wunden lecken. Besonders wenn man sich wieder den Vorwurf gefallen lassen müsste, der Gegner habe aktiver agiert.

Auch für die Lions werden sich die Vorzeichen im Hinblick auf das nächste Spiel ändern. Man ist nicht mehr mit dem Rücken zur Wand, sondern man muss die Gunst der Stunde und das Momentum zum entscheidenden Prankenhieb nutzen. Das ist ein Unterschied. Auch für den ZSC wird der 4. Sieg schwierig zu holen sein. Ganz Zürich, die Medien, das Fernsehen und die ganze Fraktion der Neider und Hysteriker erwartet das jetzt aber von ihnen.

Ich werde am Dienstag wie vor zwei Jahren versuchen, den Teufel mit einem schwarzen Kreuz auf der Hand von der Entscheidung fernzuhalten. Auf den Hockeygott habe ich aber keinen Einfluss. Er ist unbestechlich und lässt sich nur vom unbändigen Willen der Akteure auf dem Eis beeinflussen.

In diesem Sinne möge der Bessere gewinnen.

Hopp SCB!

Freitag, 13. April 2012

Es ist wie es bei gleicher Ausgangslage immer war

Der SCB verpasste den ersten Matchpuck im eigenen Stadion mit einer 1:2 Niederlage nach Verlängerung. Es gelang den Bernern nicht, die Handbremse gegen die nicht unwiderstehlich wirkenden Zürcher zu lösen. Trotzdem war der Sieg des ZSC verdient.

Zum Glück war es ein wunderbarer Spieler wie Mathias Seger, dem in der 10. Minute der Verlängerung nach einem Fehler von Jean-Pierre Dumont das entscheidende Tor gelang. Ihm mag ich es gönnen, auch wenn es mir lieber gewesen wäre, wenn Andreas Hänni, unser meistunterschätzter Verteidiger, kurz zuvor seine Chance zum Meistertor hätte verwerten können.

Apropos Verteidiger: Das Gerücht mit dem Wechsel von Philipp Furrer zu Lugano, welches heute vom Blick gestreut wurde, wurde mir vor einigen Wochen auch zugetragen. Geschwatzt wird viel und da ich die Sache nicht ernst nahm, habe ich geschwiegen.

Ich habe Philipp Furrer in einem meiner Halbfinalblogs als «wahren Leitwolf» bezeichnet. Das war durchaus ernst gemeint. Ich bin nämlich explizit der Meinung, dass Furrers Leistungen von den SCB Fans zu wenig honoriert werden. Regelmässig wird sein Ehrgeiz, sein Streben nach mehr, gegen ihn ausgelegt. Ich weiss auch nicht warum, denn an seinen Leistungen auf dem Eis kann es nicht liegen.

Gut möglich, dass er gerade deshalb nach einer Luftveränderung streben könnte. In Lugano hätte er zumindest einen Trainer, der seinen Wert kennt. Und das Publikum, da bin ich mir sicher, hätte er innert kürzester Zeit hinter sich.

Das Spiel von gestern? Wo war der heilige Zorn, wo der unbändige Siegeswillen? Das Momentum ist eine fragile Sache. Man kann nicht mit der Einstellung aufs Eis gehen, dass die entscheidenden Tore dann irgendwann schon von selber fallen würden. Dass man Tore erzwingen kann, hat man mit dem schnellen Ausgleich nach dem Führungstreffer der Lions gezeigt. Warum ist man diesen Weg nicht weitergegangen? Und warum stellt Antti Törmänen ohne Not angeschlagene Spieler auf? Es muss mir doch niemand erzählen, dass Dumont nach einer solchen Verletzung an der Schulter schmerzfrei ist und ohne innere Bremse in die Zweikämpfe gehen kann.

Um ein entscheidendes Spiel um den Titel zu gewinnen, braucht es eine meisterliche Leistung. Die gestrige Leistung war aber gemessen an den bisherigen Playoffspielen des SCB bestenfalls Durchschnitt.

Ich habe es in meinem letzten Blog angetönt: Bei dieser Ausgangslage fehlt die Zecke der Niederlage im Nacken. Es war nicht alles oder nichts, es war alles oder „henu sode.“

Henu sode, hat man halt verbremst. Als Fan lässt sich das ja leicht sagen. Zumal wir ja nicht in den Playouts sind, wo alle darauf aus sind, die Serien und damit die Saison schnellstmöglich zu beenden. Nein, wir sind im Finale. Und ich freue mich, dass wir das von Neid zerfressene Schweizer Hockey-Proletariat weiterhin mit unserem geilen Finale nerven können. J

Für mich ist es gut gelaufen mit den Tickets und so freue ich mich auf ein weiteres Hockeyfest im Hallenstadion. Im Teufelsblog habe ich geschrieben, dass das Gewinnen für den SCB am Samstag im Hallenstadion fast einfacher sein könnte, als am Donnerstag im Heimspiel. Ich sehe das immer noch so. Auswärts ist der Druck bei den Lions und der SCB spielt diese Saison sowieso besser in der Fremde, als in der heimischen Arena.

Schauen wir, wie es kommen wird. Der ZSC hat mir auch im letzten Spiel keinen unwiderstehlichen Eindruck gemacht. Ich sehe es wie Marc Lüthi: Diesen ZSC muss man schlagen! J

In diesem Sinne wünsche uns allen viel Nervenstärke und die Gabe, dieses Finale auch wirklich geniessen zu können. Es ist für den treuen Fan gewissermassen der Lohn für manchmal schon recht ermüdende Qualispiele.

Und ein Grande Finale ist immer noch möglich. Aber das ist, wie ich gemerkt habe, wohl eher ein Schmaus für solche wie mich. J

Hopp SCB!


Nachtrag, da nicht Finalrelevant: Meine Meinung zu Johann Morants Aktion habe ich abgegeben. Obwohl ich deswegen einmal mehr als trauriger Fan bezeichnet wurde, weiche ich keinen Deut davon ab!

Für 5-6 Spiele hätte ich ihn für seine gefährliche Selbstdarstellung auch aus dem Verkehr gezogen. Aber 14 Spielsperren sind des Guten zu viel. Aber zum Glück sind die Sperren dieses Spielers nicht mehr das Problem des SCB.

Sven Leuenberger hat neulich angetönt, er würde einen Rekurs gegen ein allfälliges Urteil des Einzelrichters einlegen, wenn Lugano das wünsche. Das Begründungsschreiben müssten die Bianconeri aber schon selber verfassen. Ich begreife Sven. Mir kämen also auch keine Argumente in den Sinn, mit denen man Morants Amoklauf schönschreiben könnte.

Mit „der Hansli het am Peterli si Schneemaa kaputt gmacht u drum het dr gross Brueder vom Peterli dr Hansli haut abeghacket“, wird man in dieser Sache nämlich nichts erreichen. J


Hier noch der offizielle Wortlaut des SEHV:


Drastische Strafe gegen SCB-Haudegen Morant


Der Einzelrichter für Disziplinarsachen Leistungssport, Reto Steinmann, greift im "Fall Johann Morant" durch. Der Verteidiger des SC Bern wird für 14 Spiele gesperrt.

Morant hatte im dritten Playoff-Finalspiel zwischen dem SCB und den ZSC Lions seinen Gegenspieler Cyrill Bühler mit mehreren Faustschlägen auf den Hinterkopf sowie in die Nackengegend traktiert und anschliessenden einen Linienrichter mit beiden Händen umgestossen. Steinmann erachtete die Schläge gegen Bühler als "Handlung mit einem sehr grossen Verletzungspotenzial".

Hätte es Morant mit den Schlägen gegen Bühler gut sein lassen, wäre er mit maximal zehn Spielsperren davongekommen. Doch weil sein Vergehen gegen den Linienrichter schwerer wiegt, fiel die Strafe härter aus.

Die Berner können gegen diesen Entscheid innert fünf Tagen beim Verbandssportgericht rekurrieren. Bleibt das Strafmass bestehen, wäre Morant, der bereits zwei Spielsperren verbüsst hat, der am härtesten bestrafte Spieler in der Nationalliga. Noch länger wurde in der Schweiz bislang einzig der damals für den Erstligisten Wiki-Münsingen tätige Reto Schmutz (19 Partien/Faustschlag gegen Linesman) gesperrt.

Mittwoch, 11. April 2012

Meisterträume

Der SCB hat am Donnerstag den ersten von drei Meisterpucks für den 13. Meistertitel der Klubgeschichte. Die einen hoffen dabei auf einen nervenschonenden und diskussionslosen Sieg, die anderen träumen von einem «Grande Finale.»

Nein, man sollte die Dinge nicht verschreien. Wenn man aber den Torjubel der SCB-Spieler am Ostermontag im Hallenstadion gesehen hat, sogar Marco Bührer fuhr zum Abklatschen zur Spielerbank, darf ich auch einen Blog mit dem Titel «Meisterträume» verfassen.

Schliesslich scheint der Mannschaft der Duft des süssen Giftes vom möglichen Meistertitel auch in die Nase gestochen zu sein.

Ich sei zwar zu einem notorischen Schwarzmaler geschrumpft, hiess es in letzter Zeit öfter. Aber wer meine Saisonprognose gelesen hat wird wissen, dass dem nicht so ist. Ich schrieb nämlich im letzten Herbst zum SCB folgende Zeilen:

«Das Absturzpotential beim SCB erachte ich als gering. Obwohl letzte Saison vieles nicht optimal gelaufen ist, hat Larry Huras die Truppe im Griff. Im schlechtesten Fall endet die Saison wie letztes Jahr im Halbfinale. Im besten Fall werden wir aber im April Eishockey unter der Frühlingssonne geniessen können.

Träumen ist also erlaubt. Aussenseiterträume zwar, aber das sind sowieso die schönsten.»

Und zum ZSC:

«Gespannt darf man auf den «neuen» ZSC unter Trainer Bob Hartley sein. Ich habe so meine Befürchtungen, dass der Meistertitel dieses Jahr in der Agglomeration Zürich ausgespielt wird.»

Jetzt ist es so, dass meine Prognose zum SCB eigentlich «meine Erwartungen vom SCB» heissen sollten. Ich war entgegen den Dubé-Nachjammerern immer der Meinung, dass der SCB in dieser Saison Halbfinalpotential haben würde. Dass Pascal Berger eine Perle ist, wussten wir. Dass Joel Vermin ein ungeschliffener Rohdiamant ist, konnte man bereits in der letzten Saison beobachten und dass Christian Dubé zum Qualikürveler auf den Aussenbahnen verkommen ist, konnte in den letzten zwei Jahren jeder sehen, der es sehen wollte.

«Dubé spielt, als wäre er schon zurückgetreten» oder «Dubés Lohn sollte man halbieren» sind noch die nettesten Zeilen, die ich auf dem Gottéron Forum über ihn gefunden habe. Und bei den Top 5 Spielern der Saison wurde Christian Dubé in Fribourg kaum je genannt.

Sein Abgang hat den SCB also eher stärker gemacht, als geschwächt.

Dass die Liga dieses Jahr ausgeglichener sein wird als auch schon, zeichnete sich ebenfalls bereits in der letzten Saison ab. Nach der Saison 10/11 betrug die Punktedifferenz vom 1. (Davos) zum 7. (ZSC) ganze 44 Punkte. In dieser Saison lag der Qualisieger EVZ nur noch lediglich 21 Punkte vor den abermals auf Rang 7 klassierten ZSC Lions. Wesentliche Unterschiede in der Spielstärke der ersten 7 Teams waren demnach aufgrund der Tabelle kaum auszumachen.

Der SCB ist in der letzten Meisterbluessaison unter seinem Wert geschlagen worden. Nachdem man sich gegen die SCL Tigers fürs Halbfinale qualifiziert hatte, ohne an die Grenzen gehen zu müssen, brauchte unsere Mannschaft gegen die starken Flyers zu lange, um das erforderliche fehlerfreie Playoffspiel zu finden. Das enttäuschende Ausscheiden im Viertelfinale war die logische Konsequenz.

Diese Saison durfte dafür wieder ein hungrigerer SCB erwartet werden. Am Hunger hat es dann meistens auch nicht gefehlt. Eher an der chronischen Unterform der Schlüsselspieler, der Verletzungshexe im Herbst und an den Wirren um die Entlassung von Larry Huras.

Der unerfahrene Antti Törmänen musste nach dem anfänglichen befreiten Lüthi-Spektakelmeterhockey mit seiner Mannschaft zuerst die unter Larry Huras hervorragend gewesene defensive Stabilität wiederfinden. Da unsere Schlüsselspieler ihrer Form auch im neuen Jahr hinterherliefen, fehlten trotz der von Törmänen immer wieder erwähnten Fortschritte in neuen Jahr die Resultate. Somit wurde der angestrebte und durchaus mögliche Platz in den Top 4 und damit das Heimrecht für die Viertelfinals nicht erreicht.

Dass ich meine Erwartungen an den SCB nach letzter Saison erneut den Bach runter gehen sah, lässt sich auch mit der Statistik erklären. Für eine Mannschaft, deren Stärke in der Ausgeglichenheit und der Defensive zu suchen ist, sind 130 erhaltene Tore ein eher hoher Wert. Biel hat zum Beispiel lediglich 128 Gegentore erhalten. Der EVZ, dessen Achillessehne in der Verteidigung zu suchen war, kassierte 131 Gegentore.

Zuletzt blieben uns nur noch die in der Saisonprognose erwähnten Aussenseiterträume und die Hoffnung auf den Playoffschalter. Dieser konnte, nachdem die Erwartungen auf den Tiefpunkt gefallen waren, dann tatsächlich gefunden werden. Die wundersame Wendung begann ihren Lauf zu nehmen. Plötzlich spielte der SCB sein Potential aus und vermochte sich in den Playoffs gar kontinuierlich zu steigern. Die Fehlerquote wurde laufend minimiert und die Disziplin in gleichem Masse erhöht. Beflügelt durch die Erfolgserlebnisse entwickelte sich ein Urvertrauen, welches man in den nächsten Tagen möglicherweise mit meisterlicher Effizienz und Coolness umschreiben wird.

Möglicherweise. Denn noch sind wir in der Phase der Meisterträume. Wie schnell aus einem 3:1 ein 3:3 werden kann, wenn der Kübel beim Einmarsch im Bärengraben steht, haben wir vor zwei Jahren erlebt. Das schwebende Gefühl des Urvertrauens wurde durch lähmende Angst vor dem eigenen Enthusiasmus abgelöst. Die Stöcke zitterten und vorbei war es, mit der schnörkellosen Leichtigkeit.

Der Titel ist noch weit weg. Nicht ein Spiel fehlt noch, sondern ein letzter Sieg.

Siege gegen starke kompakte Gegner mit beträchtlichem Steigerungspotential sind in Anbetracht des Meistertitels schwierig zu holen. Ich habe schon einige Playoffinalspiele des SCB mit gleicher Ausgangslage miterlebt. Sie gingen alle verloren. Nicht einmal an meinem 20. Geburtstag hat mich der SCB mit dem damals möglichen Heimtitel beschenkt. Ich musste am nächsten Tag übernächtigt und frustriert zur Lehrabschlussprüfung antreten. Finalgeschichten der übleren Art... J

Allerdings endete diese Episode dann doch noch mit dem Titel. Auswärts halt. Gut möglich, dass ein Sieg am Samstag im Hallenstadion fast einfacher zu holen wäre, als der Heimsieg am Donnerstag. Wobei die Sache dann auch böse ins Auge gehen könnte. Ein entfesselter ZSC, würde mit dem Momentum im Rücken genauso schnörkellos spielen wie der SCB. Da fliegen die Scheiben in den Schlüsselmomenten dann plötzlich ins Tor.

Ich erwarte für Donnerstag aus psychologischen Gründen erst mal eine Niederlage. Es wäre mir auch egal, zumindest wenn ich dann für Samstag ein Ticket ergattern könnte und sich die Mannschaft den Kübel in den weiteren Spielen doch noch holen würde. Ein Meistertitel im Hallenstadion mit anschliessender Meisterfeier in Bern wäre doch sowieso auch ein wunderbares Erlebnis. Ausserdem wäre es schade, wenn die wunderbare Finalserie bereits zu Ende ginge. Ich war ausser im 1. Spiel bis jetzt noch kaum nervös. Irgendwie wäre es fast etwas fade, die Saison bereits am Donnerstag zu beenden.

Bereits vor 2 Jahren hatte ich so schräge Träume. Ich wollte unbedingt ein 7. Spiel damals. Und irgendwie man glaubt es kaum, wäre dieses Szenario auch dieses Jahr der Oberhammer. Schon nur wegen der Kohle, die man damit verdienen könnte. Gut möglich, dass Marc Lüthi der Mannschaft verboten hat, zu gewinnen.

Eine Marketingentlassung Antti Törmänens vor der Pokalübergabe... J Klaus Zaugg müsste wohl die Sommerferien streichen, um das Thema bis im Herbst medial zu verarbeiten.

In einem gewöhnlichen Finale gibt es immer einen Sieger und einen Verlierer. Am Donnerstag gibt es für den SCB aber selbst bei einer Niederlage nichts zu verlieren. Tönt blöd, ist aber delikat. Ohne die Angst der Niederlage im Nacken könnte dieses Spiel durchaus verpennt und vertölpelt werden. Fehlende Spannung, blöde Fehler, zu keiner Reaktion fähig.

7 Spiele wären schon geil. Ein Grande Finale. Alles oder nichts.

Und nein, ich bin kein Schwarzmaler. Ich bin bloss ein typischer grosskotziger SCB Fan mit Ansprüchen. Werden diese vom SCB nicht erfüllt, wird gnadenlos auf die Pauke gehauen. Nicht mit Grännen nach dem Messias in Form eines Ausländers zu Unzeiten, sondern mit dem Schreien nach Disziplin, Leidenschaft und Kampf bis zum Umfallen.

Mit dem Erreichen des Halbfinals hat der SCB meine Erwartungen erfüllt. Dass man unter diesen Umständen mehr will, ist gewissermassen Gesetz der Evolution. Die Mannschaft soll sich ja den Titel zum Ziel gesetzt haben. Ein ambitioniertes Ziel, wenn man den Umbau der Mannschaft aufgrund von gewichtigen Abgängen miteinbezieht. Christian Dubé, auch wenn ich zuweilen in dieser Sache etwas überzeichne, war lange Jahre der beste Einzelspieler des SCB. Da verschiebt sich schon einiges.

Jedenfalls war ich mit meinem Halbfinal offensichtlich viel zu wenig grosskotzig. Ich hätte nach dem Titel schreien und die Mannschaft die ganze Saison mit rosarotem Lobgesang überschütten müssen.

Stattdessen bin ich jetzt dazu verdammt, meinen bescheidenen Aussenseiterträumen gemäss Saisonprognose zu frönen. Jetzt bin ich milde gestimmt. Fertig, den Teufel an die Wand malen. Was uns der SCB in diesen Playoffs gezeigt hat, war grandios. Wenn es gelingt, den Weg bis zum Titel weiterzugehen, ist das kaum zu toppen. Erfüllte Aussenseiterträume sind die süssesten Früchte an der Hockeyrebe. Sollte der Teufel jetzt doch noch das Kommando übernehmen, wäre das zwar traurig, aber wir hätten trotzdem 7 Finalspiele mit sämtlichen emotionalen Facetten erlebt. Alles was das Berner Hockeyherz begehrt.

Was den Teufel anbelangt, werde ich es handhaben wie vor zwei Jahren. Ich habe damals einen Text mit dem Titel «Vom Teufel und Göttern» geschrieben. Er befindet sich irgendwo tief in den Archiven des SCB Forums. Es ging um einen Teufelspackt und um den Hockeygott. Ich bin damals mit einem schwarzen Kreuz auf der Hand ans letzte Spiel der Saison gegangen und jedes Mal, wenn der Gehörnte die Regie zu übernehmen drohte, habe ich meine gekreuzte Handfläche in die Luft gehalten um ihn aus der Arena zu fegen.

Ich werde das auch dieses Jahr wieder tun. Allerdings erst in einem allfälligen Spiel 7. J

Bleibt zu hoffen, dass sich die Mannschaft vor dem nächsten Spiel nicht wie ich mit Meisterträumen befasst. Eine empfindliche Niederlage wäre die Folge und das Momentum könnte zum ZSC kippen.

Der ZSC scheint mir stärker zu sein, als Servette vor zwei Jahren. Ein Spiel mit dem Feuer wäre demnach gefährlich.

Kann das Level vom Ostermontag gehalten werden, wird es am Donnerstag wohl reichen. Wenn nicht, dann dürfen wir uns auf einen heissen Tanz einstellen. Einen Tanz, wie wir ihn in diesen Playoffs noch nie erlebt haben.

Ein Grande Finale eben... J

In diesem Sinne hoffe ich, dass sich bei mir die fast unerträgliche Spannung am Donnerstag im Angesicht der Postfinance-Arena auch noch einstellen wird. Der SCB dürfte dann gewinnen und bräuchte nicht mit dem Feuer zu spielen.

Viel Vorfreude euch allen. Das Drucken der Meister-Shirts und das Besorgen der Meisterstumpen kann beginnen. Bringt zwar extrem Unglück, aber letztendlich ist sich halt auch bei solchen Dingen jeder am nächsten.

Aber das Rezept gegen den Teufel habt ihr ja jetzt. Wirkt aber erst in Spiel 7. Nicht schon morgen, sonst ist die Kraft verpufft und es wird nichts mit dem Titel!

Hopp SCB!

Dienstag, 10. April 2012

Drei Meisterpucks für den besten SCB der Saison


Der SCB schaffte im 4. Playoff Finalspiel im Zürcher Hallenstadion das Break und damit die 3:1 Führung in der Serie. Damit hat der SCB im schlechtesten Fall zumindest ein alles entscheidendes 7. Finalspiel im eigenen Stadion auf sicher.

Ich habe gerade meine Brille abgeholt. Als nächstes folgen wohl Hörgerät, Fressbarren, Rollator und Tonkrug. Demnach habe ich schon einige Playoff Finals in den Knochen, beziehungsweise im Nervenkostüm. Nervenaufreibend und eng bis zum Letzten waren sie alle. Auch die Möglichkeit, dass das Momentum unerwartet noch einmal die Seiten wechselt, bestand immer. Man erinnere sich: Vor zwei Jahren lag der SCB als grosser Favorit gegen Genf Servette ebenfalls scheinbar vorentscheidend mit 3:1 in Front und musste nach zwei Niederlagen noch ins 7. Spiel. Ein Szenario, das uns auch dieses Jahr blühen könnte. Zumindest wenn die Spieler zu denken beginnen.

Ein durchaus geiles Szenario, so ein allesentscheidendes Spiel 7. Gewissermassen die Mutter des Finales. Solch ein Spiel währe wahrlich der Oberhammer. Zumindest wenn man es wie letztes Mal auch wieder gewinnen würde.

Derart entspannt und siegessicher wie am Ostermontag bin ich noch nie einem Finalspiel beigewohnt. Ich fand die Atmosphäre im Hallenstadion richtig gemütlich. Locker ein Bierchen trinken und dazu taktisch hochstehendes Eishockey geniessen, was will das Hockeyherz mehr?

Ich hatte sogar noch genügend psychologische Reservekapazität, um mich ab den angespannten und verzweifelten ZSC Fans um mich herum zu amüsieren. Die haben bereits ab „Chancen“ überuttert, die man gewöhnlich gar nicht als Chancen bezeichnen würde.

Ich habe immer davon geschrieben, dass sich der SCB steigern müsse. Dass man die Leistung über 60 Minuten durchziehen muss, in Führung liegend nicht in Passivität verfallen darf und dass man sich disziplinmässig keine Blösse geben darf. Jetzt ist aber der Pic erreicht. Besser und souveräner als in diesem Spiel 4 kann dieser SCB nicht mehr auftreten. Antti Törmänen hat es geschafft, die Mannschaft in jeder Hinsicht an ihre Leistungsgrenze zu bringen.

Chapeau Antti! Das ist ganz grosse Coaching-Klasse!

Es geht jetzt nur noch darum, alle allfällig aufkommende Meisterträume auszublenden und im gleichen Stile weiterzugehen. Wenn das gelingt, müsste der Teufel die Hände im Spiel haben, wenn der ZSC die nächsten drei Spiele in Folge gewinnen würde.

Etwas überrascht hat mich die Beurteilung unseres schreibenden Hockeypapstes. «Antti Törmänen steht mit dem SC Bern vor dem Titelgewinn. Danach könnte für ihn aber bald Schluss sein, denn seine unattraktive Spielweise kann SCB-Boss Marc Lüthi nicht behagen.»

Unattraktive Spielweise?

Ist es nicht so, dass der SCB darauf bedacht ist, die Scheibe zu halten und mit Tempo in die Angriffszone vorzustossen und dort zu spielen? Ist es nicht so, dass der SCB zumindest gleichviele Torschüsse und ebenso viel Scheibenbesitz hat, wie der defensiv ebenfalls sehr starke Gegner? Ist das Spiel des SCB destruktiv? Ich denke nein! Und ist taktisch hochstehendes Eishockey langweilig? Ich denke ebenfalls klar nein!

Unter Larry Huras verarmte unser Offensivspiel zusehends. Es schien nur noch darum zu gehen, die Scheibe über die rote Linie zu bringen, um sie danach ins Angriffsdrittel pfeffern zu können. Das ist es, was den Fans die Zornesröte ins Gesicht steigen liess. Man hatte das Gefühl, dass mit dieser Mannschaft bei gleichbleibender Balance mehr möglich wäre, als dem Puck hinterher zu hecheln und in den Ecken zu kreisen.

Man hat sich nicht getäuscht, wie wir jetzt sehen. Ob „Larry plus“ oder „Törmänen pur“, entscheidend ist das Plus!

Und die Schwätzer aus den Kommentarspalten können doch ganz einfach der Fraktion der Neider und Hysteriker zugordnet werden. Frustrierte Klubbrillenmööger, keine eigentlichen Anhänger des Sportes. Denen geht es weniger um das Geschehen auf dem Eis. Vielmehr darum, wer sich hysterischer gebärt.

Die sollen sich mit den Fehlerorgien und den Zeitlupenpowerplays des Abstiegsgekraues auseinandersetzen. Hochstehende Taktik, gnadenlose Effizienz, Disziplin und Cleverness, alles Eigenschaften von Siegern in sämtlichen Sportarten, sind ihnen fremd, langweilen sie.

Der SCB Fan mag behäbig und zuweilen schon fast krankhaft anspruchsvoll sein. Er mag nicht zu den besten Möögern gehören, ist aber treu, leidensfähig und dauernd auf der Suche nach der Perfektion im Spiel. Ist der Kampf und die Leidenschaft im Spiel ersichtlich, ist man bei Niederlagen zwar enttäuscht, aber trotzdem zufrieden mit der Mannschaft. Ab den Finalspielen habe ich mich immer erfreut, egal ob der SCB dabei war oder eben nicht. Finalisten sind immer die besten ihres Faches. Zu behaupten, ein Finale zwischen dem EVZ und Fribourg Gottéron wäre hochstehender, ist unqualifiziertes Gequatsche ohne jegliche Substanz. Verliererlatein in Reinkultur.

Oder wäre der SCB in den Jahren, als man als Qualisieger im Viertelfinale scheiterte, der bessere Finalist gewesen, als diejenigen, die sich letztendlich durchsetzten? Wohl kaum.

Sei es wie es wolle. Gestern war vieles grosse Klasse. Auch der Auftritt der SCB Fans, die Durchsagen vo de Süchle des «Fanclubs des FC Bern» im Intercity J und auch der Hardcore ZSC Fan, mit dem ich mich in der zweiten Drittelspause so gut unterhalten habe. Es gibt sie eben überall, di flotte Cheibe.

Sogar das Ambiente im Hallenstadion fand ich klasse. Halbleer im Qualimodus ist es dort ja jeweils relativ trostlos. Aber ausverkauft im Playoffmodus hat diese Halle durchaus Charakter.

Gehen wir am Donnerstag alle zusammen noch einmal weiter. Schauen wir, ob der SCB die Pace halten kann und was der ZSC noch an Überraschungen auf Lager hat. Man darf die Zürcher nicht aufgeben. Sie verfügen über ein starkes Team mit einigen Charakterköpfen. Man muss auf der Hut sein, das Momentum wechselt sonst rasch die Seite.

Schliesslich waren es die ZSC Lions, welchen in der Finalserie 2000 gegen das favorisierte Lugano nach einem 3:1 Rückstand noch die Wende zum Titel gelang. Mathias Seger und Ari Sulander waren damals schon mit von der Partie und werden ihre Mitspieler entsprechend heiss zu machen wissen!

In diesem Sinne einfach nicht denken, sondern den eingeschlagenen Weg weitergehen!

Hopp SCB!