Das mit 3:2 gewonnene Spiel gegen die kriselnden Kloten
Flyers war nicht der erhoffte Befreiungsschlag. Eher eine kurze Verschnaufpause
in der Tristesse der aktuellen sportlichen Krise beim SCB.
Herrlich, diese Foren. Da steht zum Beispiel auf dem Tigers
Forum geschrieben: «Der bärtige und ungepflegte Zesiger soll wieder ins VBS und
als Sonderbeobachter nach Afghanistan», oder «der Preis pro Becher Bier hätte
mit einem Fünfliber wohl auch gereicht, oder muss mit dem zusätzlichen „Füfzgi“
die dicke Krawatte des Gastrochefs mitfinanziert werden?»
Momou, äs geit öppis im Ämmitau. Die Krisen-Rhetorik tönt unterdessen in etwa gleich, wie bei uns. Es lohnt sich also durchaus, etwas
nach Langnau schielen. Zumal es gut möglich ist, dass wir im kommenden Frühling
intensiver mit den Emmentalern zu tun haben könnten, als uns lieb ist.
Vielleicht könnte man Antti Törmänen gegen den studierten
Psychologen John Fust tauschen. Möglicherweise eine Win-Win-Win-Win Situation.
Beim SCB habe ich, wenn wir schon bei Unterhaltung neben dem
Eis sind, auch noch einen Oberburner gefunden. Nicht etwa auf dem Pinboard,
dort geht es ähnlich konfus und eigentlich wenig unterhaltsam zu Werke. Nein,
der Oberbrüller ist eine angebliche Aussage von CEO Marc Lüthi:
«Unsere Zuschauer gehen nach diesem Spiel happy nach Hause»,
soll er nämlich nach dem blutleeren Spiel gegen die kriselnden Flyers gesagt
haben.
Ob er damit gemeint hat, die Zuschauer seien glücklich, weil
ihnen weitere 5 Gähn Minuten in Form einer Verlängerung erspart geblieben sind,
entzieht sich meiner Kenntnis. Ich gehe jetzt mal davon aus, ansonsten müsste
ich unseren Boss nämlich als «Scheuklappen-Marc» bezeichnen.
Es war ein absolut furchtbares Eishockeyspiel. Verunsichert,
passiv, mechanisch, ohne Intensität, ohne Härte, ohne Checks, einfach ohne
alles, was ein gutes Eishockeyspiel ausmacht. Zum Glück sind wir nicht in
Rückstand geraten, das Kartenhaus wäre sonst in sich zusammengefallen, wie die
japanische Küste nach dem verheerenden Zunami am 11.3.2011.
Das war passives Angsthasenhockey der übleren Sorte. Und das
gegen einen Gegner, der zum Glück auch nichts zustande brachte. Ja, die Dramaturgie
spielt sich zurzeit ganz klar neben dem Eis ab. Und in diesem Sinne hat dieser,
wie soll ich ihn nennen, Fanprotest, durchaus positive Auswirkungen auf den
Unterhaltungswert dieses tristen, vorwinterlichen Hockeyabend gehabt.
Dass jetzt deshalb derart übereutert wird, steigert den
Unterhaltungswert des Theaters rund um den SCB noch einmal. Da schreibt der gute
Urs Berger auf «hockeyfans.ch» doch tatsächlich folgende Zeilen:
«An stelle guter Stimmung zu verbreiten schwieg eine
Mehrheit der Fans während dem ersten Drittel. Die Aktion alleine zeigt auf, wie
kindisch das Verhalten einiger SC Bern Anhänger ist und wie wenig diese vom
Sport verstehen. Dass es im Eishockey nicht immer so läuft wie es soll, kam
wohl den wenigsten Anhängern in den Sinn. Auch die Transparente, welche die
„Fans“ entrollten, welche eigentlich diesen Namen nicht verdient haben, zeugt von
schlechtem Charakter. „Keine Lust? Wir auch nicht. Kämpft! Nicht für uns,
sondern für Euch“ stand in grossen Lettern geschrieben. Kurze Zeit später wurde
ein weiteres Transparent entrollt. „Anstatt die Kohle zu Hause in den Tresor zu
stopfen, besser mal den Gegner boxen!“ Zwei Transparente folgten noch, welche
aber vom Niveau her noch tiefer unten anzusiedeln waren. Keine Frage, auf
solche Fans kann der Klub der Hauptstadt verzichten. Und Marc Lüthi sollte auch
hier einmal ein Exempel statuieren und das Megaphone und andere
Annehmlichkeiten verbieten.»
Urs Berger scheint entweder von allen guten Geistern
verlassen zu sein, oder nicht mehr alle Tassen im Schrank zu haben!
Es ist das gute Recht der treuen Fans des SCB, ihren Unmut
zu zeigen. Die Plakate mögen Geschmacksache sein, aber es kam weder jemand zu
Schaden, noch wurde jemand angegangen oder diskriminiert. Auch wurde niemand
gezwungen, bei den Aktionen mitzumachen.
Und der Ausspruch: «Keine Lust? Wir auch nicht. Kämpft!
Nicht für uns, sondern für Euch», war sogar richtig gut und trifft die Sache im
Kern. Die Mannschaft soll endlich wieder so spielen, dass ihr das Spielen Spass
macht. Es würde dann auch den Fans wieder Spass machen!
Wer das Gefühl hat, die Leistungen des SCB, die schwache
Vorbereitungsphase, der verunglückte Saisonstart und das aktuelle verunsicherte
Gestocher seien logisch und daher mit begeisterten Jubelstürmen hinzunehmen,
soll meinetwegen Polonaise tanzen und Winki-Winki machen. Ich für meinen Teil
bin enttäuscht und besorgt. Selbst die NHL Verstärkungen schrumpfen beim SCB zu
gewöhnlichen, durchschnittlichen Mitläufern.
Der arme Mark Streit, Captain der New York Islanders und der
Nationalmannschaft darf doch in der Kabine kein Wort sagen, weil er sonst die
Autorität der Arrivierten untergraben und den angeschlagenen Trainer
blossstellen könnte. Superstar Tavares ist mit seinen 22 Jahren weit weg davon
ein Leader zu sein und ist auch zusammen mit Vermin und Ritchie nicht in der
Lage, Einfluss auf das Spiel zu nehmen. Es ist sogar so, dass der junge Vermin
mehr Raunen auf den Rängen verursacht, als der Star aus der NHL.
Und Roman Josi hätte sich die Rückkehr in seine Heimat wohl
auch anders vorgestellt. Statt sich vom Publikum feiern zu lassen, versucht er
in dieser verunsicherten Truppe mit zunehmender Verzweiflung etwas zu kreieren.
Irgendwie traurig.
Es kommt mir vor wie in der Spielzeit 04/05, als sich der
SCB nach schwachem Start die ganze Saison nicht mehr aus der Verunsicherung
lösen konnte und um ein Haar in die Playouts gefallen wäre. Ein Szenario, das
so unglaublich es klingen mag, auch dieses Jahr wieder aktuell werden könnte.
Es gibt nämlich Parallelen, die sich nicht wegwischen lassen.
Wenn Rappi und Biel ihre Höhenflüge fortsetzen und der HCD
sein Tief überwindet, gibt es freie Plätze in den Playoutregionen. SCB gegen
Langnau in den Playouts, ein nicht auszuschliessendes Szenario. Zumindest die
Saison der Emmentaler würde so gerettet.
Ich habe mir am Freitag wieder einmal konzentriert das
Einlaufen angesehen und dabei Gesichtsausdrücke und Körpersprache gelesen. Die
Verunsicherung war greifbar und von Spielfreude und Teamspirit war nichts, aber
auch gar nichts zu sehen. Das kann ja heiter werden, habe ich gedacht. Leider
hat das Gefühl nicht getrügt.
Die drei Punkte waren wohl schön, aber auch trügerisch. Das
Gezeigte war weder der erhoffte Befreiungsschlag, noch eine signifikante
Steigerung im Vergleich zum Spiel gegen die Lakers. Eher eine Fortsetzung des
spielerischen Tiefpunktes.
Man hat etwas Zeit gewonnen. Aber wie man in den kommenden
Partien gegen Fribourg, Zug und Genf bestehen will, kann ich mir beim besten
Willen nicht vorstellen.
Schaun wir mal.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen