In der Nacht auf Sonntag ist es nach einem 16 stündigen
Marathontreffen der NHL-Spitze und der Spielergewerkschaft NHLPA zu einer
Einigung gekommen. Der Lockout ist somit beendet. Gemäss NHL-Commissioner Gary
Bettman kann über den Spielplan und wann die Saison beginnt noch keine Auskunft
gegeben werden.
«Saisonstart» als Titel meines Blogs steht nicht etwa für
den bevorstehenden Start der verkürzten Saison in der NHL. Nein, «Saisonstart»
steht für den Start der kürzesten Qualifikationsphase aller Zeiten in unserer
NL A. Gerade 14 Partien verbleiben somit dem SCB, um sich auf die Playoffs
vorzubereiten.
Eigentlich wollte ich mich über den erfreulichen Start
unseres SCB ins 2013 mit drei Siegen auslassen. Darüber, dass man es gegen den
ZSC noch nicht geschafft hat, das Spiel über 60 Minuten durchzuziehen, dass man
aber gegen Davos und zuletzt gegen Zug hervorragend agiert hatte.
Jetzt, wo das Lockoutende Tatsache geworden ist, spare ich
mir die Arbeit, mich mit den letzten Spielen der zu Ende gegangenen «Zirkusphase»
zu befassen. Es war schön, dass uns John Tavares, Roman Josi und Mark Streit
unterhaltsame Wochen geboten haben und uns mit Bravour durch die gewöhnlich doch
recht zähflüssigen Monate November und Dezember zauberten. Was war ist aber
gewesen. Jetzt geht es gewissermassen mit eigenen Kräften in die Vorbereitung
der Playoffs.
Da ich mit 99% Sicherheit an das Lockoutende zum jetzigen
Zeitpunkt geglaubt habe, sehe ich die Sache jetzt sehr unaufgeregt. Der SCB
macht auf mich den Eindruck einer gefestigten und gut funktionierenden Truppe,
die den Abgang der drei Ausnahmespieler, besser als von den Schreiern in den
Kommentarspalten gehofft, wird verkraften können. Die Mannschaft hat immer noch
viel Qualität. Jedenfalls mindestens gleichviel wie vor dem Lockout, als der
SCB von den Experten als einer der Meisterschaftsfavoriten eingeschätzt wurde.
Kommt dazu, dass Sven Leuenberger mit der Verpflichtung von
Jaroslav Bednar einmal mehr alles richtig gemacht hat. Ein richtiger SCB
Transfer, mit dem nicht einmal die Fraktion der Spekulanten und Wahrsager
gerechnet haben. Ein Vertrag, wie er nicht besser ausformuliert sein könnte.
Bis Saisonende mit einseitiger Option des SCB. Der Fünfer und das Weggli für
den SCB, könnte man sagen.
So hat man noch reichlich Zeit, um zu entscheiden, ob man
nächste Saison mit Martin Plüss, Ivo Rüthemann und Jaroslav Bednar tatsächlich einen
veritablen «Ü 100-Sturm» begründen möchte. Vielleicht könnte man mit dieser
Massnahme ja bei den kaufkräftigen Rentnerjahrgängen punkten. Man müsste dann
einfach das Speiseangebot mit Milchkaffee mit Brotbrocken ergänzen. J
Aber Spass beiseite, Franco Collenberg, der in Rapperswil
eine wichtige Rolle spielen konnte, wird mit reichlich Spielpraxis zurückkommen
und wird noch einmal die Chance erhalten, sich in einer starken Mannschaft zu
integrieren. Ob man aufgrund der viel zu dünnen Verteidigerdecke auch Dan
Weisskopf bereits jetzt nach Bern lotsen wird, weiss ich nicht. Er war meines
Wissens verletzt. Wäre er fit, würde eine vorzeitige Verpflichtung aber Sinn
machen. So oder so muss aber meines Erachtens im Hinblick auf die Playoffs in
unserer Abwehr noch etwas gehen.
Weiter geht es jetzt für Sven Leuenberger darum, bis zum
Ende der Transferperiode Mitte Februar noch einen «Sicherheitsausländer» zu
verpflichten, um das Team bis zu den Playoffs zu kompensieren. Daneben wird mit
dem gespielt, was wir seit Saisonbeginn haben. Wir haben eine starke
Mannschaft!
Gewiss, im Spielaufbau und im Powerplay werden wir die NHL
Buben zu Beginn schmerzlich vermissen. Das Toreschiessen wird schwieriger
werden. Aber wenn andere ihre Verantwortung wahrnehmen und jeder ein Quäntchen
mehr arbeitet, wird man das verkraften können. Um die Balance der Mannschaft
mache ich mir keine Sorgen. Wir haben genügend Routiniers und einen Trainer,
dem es schon in der letzten Saison gelungen ist, den damals arg taumelnden SCB
zu stabilisieren und ihm ein solides System für die Playoffs zu verpassen. Ein
System, das uns beinahe zum Meistertitel führte.
Die Ausgangslage ist gut. Der SCB liegt zurzeit mit nur vier
Punkten Rückstand auf dem zweiten Tabellenplatz. Dabei hat der SCB sein
Potential noch bei weitem nicht ausgeschöpft. Es fehlte die Konstanz und nur
selten ist es gelungen, den Game Plan über 60 Minuten durchzuziehen. Es fehlte
also, NHL Buben hin oder her, am Feintuning. An dieses Feintuning wird man bis
zu den Playoffs noch arbeiten müssen. Aber das ist ja nichts
aussergewöhnliches, im Januar.
Die Medien werden jetzt zwar wieder versuchen, die
«Törmänen-Playoffs» aufzuwärmen. Aber wir werden die Playoffs unabhängig der
Meinung des Papstes oder des Blick auch dieses Jahr mit ebendiesem Antti
Törmänen an der Bande bestreiten.
Ob es schlau ist, die Zukunft Antti Törmänens anhand der
Januarleistungen zu bestimmen, wie es der Blick zu wissen glaubt, weiss ich
nicht. Eher nicht, würde ich meinen. Antti soll jetzt Zeit und Ruhe haben, um den
SCB ohne zusätzlichen Druck für die Playoffs neu zu strukturieren und
einzustellen. Daher würde ich eine Lösung ähnlich wie letztes Jahr bevorzugen.
Zum Beispiel mit einer automatischen Verlängerung des Vertrages bei einem
Finaleinzug. Schafft man den Final nicht, kann man den Vertrag nach einer
Auslegeordnung entweder trotzdem verlängern, oder dann eben eine andere Lösung
suchen. Wichtig scheint mir jetzt, dass unabhängig der Resultate für mindestens
6 Spiele Ruhe herrscht.
Mit Joel Vermin haben wir einen wahren Edeljoker für die
Zukunft in unseren Reihen. «Joel spielt eben ein 60-Meter-Spiel, deckt also das
ganze Spielfeld ab und ist offensiv und defensiv gut», sagt Trainer Törmänen
über sein Juwel. Seine grandiose Plus-minus-Bilanz, mit +28 die ligaweit beste,
sagt eigentlich alles. «In den letzten 15 Spielen stand ich halt bei vielen
Toren, aber bei wenig Gegentoren auf dem Eis», lautet Vermins simple Erklärung.
Dort wo Vermin spielt, wird die Musik gemacht. «Viele Leute
sagen, in einer Linie mit Ritchie und Tavares ist es einfach zu spielen. Aber
wenn du mit den beiden nicht mitspielen kannst, siehst du keine Scheibe.
Mittlerweile haben sie aber erkannt: Der kleine Giel kann was», meint Vermin.
Unglaublich, die Fortschritte, die er in dieser Saison schon
wieder gemacht hat. Er macht wie Roman Josi immer das richtige mit der Scheibe.
Seine Intuition und Spielübersicht führt dazu, dass rund um ihn die Scheibe
läuft und läuft, bis sie irgendwann im Tor landet.
So ist es keine Übertreibung wenn man sagt, dass Joel Vermin
in Sachen Übersicht, Speed, Technik und Talent bereits jetzt auf dem Niveau von
Roman Josi und John Tavares agiert. Dabei ist der Junge erst 20 und hat somit
seine beste Zeit noch vor sich.
Joel Vermin gehört somit in eine produktive erste oder
zweite Linie. Jeder Grobmotoriker an seiner Seite bedeutet, dass sein Talent
verschleudert wird! Dass er zurzeit noch selten Powerplay spielt ist eigentlich
nur damit zu erklären, dass man ihn kräftemässig noch schonen will. Es dürfte
aber nur noch eine Frage der Zeit sein, bis er auch dort seine Fäden zieht.
Mir bleibt nur noch, Mark Streit, John Tavares und Roman
Josi für ihren vorbildlichen Einsatz beim SCB zu danken. Die drei haben
bewiesen, dass sie nicht nur spielerische Ausnahmekönner sind, sondern dass sie
auch das Herz am rechten Fleck haben. Welcher andere NHL Star würde wie John
Tavares gestern, anlässlich einer Autogrammstunde noch Stunden vor der Abreise hunderte
von Autogrammen verteilen?
Ich wünsche den drei Sonnenscheinen alles Gute in der NHL.
Hoffentlich sehen wir zumindest unsere beiden Berner irgendwann wieder im Dress
des SCB.
Das nächste Wochenende erwarte ich mit Spannung. Gegen die
starken Fribourger und die rustikalen Genfer wird es darum gehen, konzentriert
und fehlerfrei an der Balance zu arbeiten.
Ich freue mich auf die „neue Saison!“
Lieber Duc
AntwortenLöschenSchon seit einer Weile verfolge ich deinen Blog mit grossem Interesse und Begeisterung. Im Eishockey sieht man es leider selten, dass die Liga, der Lockout oder der eigene Club objektiv und sachlich angeschaut werden. Danke dir dafür.
Meinerseits finde ich es schade, dass der Lockout zu Ende ist - konnten wir doch von attraktiven Spielern und mehr Spektakel in der Schweiz profitieren. Und es wird sicher spannend zu beobachten, was jetzt mit den verschiedenen Teams passiert nach dem Abgang ihrer Cracks.
Deinen Ausführungen zum SCB und dem weiteren Saisonverlauf stimme ich voll und ganz zu. Ich sehe Bern nach wie vor als Titelkandidat mit ausgeglichenem Kader und die Abgänge von Streit, Josi und Tavares sind sicher schmerzhaft, aber verkraftbar. Zudem ist Joel in der Tat ein brillianter Spieler, angstlos und extrem talentiert. Meiner Meinung nach wird auch Ritchie in den nächsten Spielen aufdrehen und eine wichtigere Leaderrolle annehmen, die ihm mit der nordamerikanischen Verstärkung etwas genommen wurde. Mit grossem Interesse erwarte ich die Ankunft von Bednar, der sich im strikten System von Lugano wohl eingeengt fühlte und die Spielweise von Tormännen sehr gut entsprechen könnte.
In diesem Sinne freue ich mich auf die nächsten Spiele!
Ich sehe ebenfalls keinen Weltuntergang voraus und würde es auch bevorzugen, wenn man mal mit einem Trainer etwas längerfristig arbeiten würde. Törmännen kommt mit dem Team gut zurecht, und schein zu jung und alt (dazwischen gibt's ja nicht viel...) einen guten Draht zu haben. Unabhängig vom Trainer fehlt mir etwas die Qualität im besten Hockey-Alter. Man hat mit Lötscher + Déruns versucht, die Lücke zu stopfen, was aber aus bekannten Gründen schiefgegangen ist. Punkto Klassespieler im besten Alter sehe ich z.B. den ZSC (Ambühl, Monnet, Wick, Bärtschi) im Vorteil, auch Servette und Fribourg haben dank teurer Personalpolitik den SCB diesbezüglich ein- wenn nicht überholt. Vermin ist in der Tat ein Klassespieler, wobei sich bei ihm fast die Frage stellt, wie lange er noch beim SCB bleibt. Aber eben, daneben müsste dann schon von einigen Spielern noch ziemlich etwas kommen, damit sie den Level von letzter Saison erreichen. Gruss Talisker
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