Duc's Blog

Eishockey ist in vielerlei Hinsicht eine attraktive Sportart. Nicht nur das Geschehen auf dem Eis, sondern auch das Umfeld, die Berichterstattung der Medien, die Fans, die Stimmung in den Stadien und die Problematik der Sicherheit rund um die Spiele sorgen für jede Menge Gesprächsstoff.

Ich schreibe in meinem Blog vorwiegend über den Schlittschuh Club Bern.

Daneben greife ich gerne auch Themen wie Verbandspolitik und das Schiedsrichter- und Verbandsgerichtswesen auf. Ebenfalls am Herzen liegen mir gesellschaftspolitische Aspekte, welche sich bei der Sicherheitsproblematik in und um die Stadien in zuweilen wenig erfreulicher Art und Weise manifestieren.

Donnerstag, 10. Mai 2012

Von Kevin Lötscher, Pajassen und Sommerträumen

Der 17. April 2012, der Abend des Grande-Frustfinales scheint mir schon sehr weit weg. Die Wunden sind geleckt und ohne Narben zu hinterlassen verheilt. Zeit, sich anderen, nicht minder interessanten Themen zu widmen.

«Nach langen und schwierigen Überlegungen habe ich mich nun dazu entschlossen, meine Karriere zu beenden», war neulich vom 30-Jährigen österreichische Abfahrtscrack Hans Grugger zu lesen.

Grugger hatte sich bei seinem schweren Sturz am 20. Januar 2011 im Abfahrtstraining von Kitzbühel bei der Landung im Mausefalle-Sprung so schwere Kopf- und Brustkorbverletzungen (Schädelhirntrauma, Serienrippenbrüche, Lungenkontusion) zugezogen, dass er sich in Lebensgefahr befand und während fünfeinhalb Stunden notoperiert werden musste.
Auf der neurochirurgischen Intensivstation der Universitätsklinik Innsbruck lag Hans Grugger daraufhin tagelang im künstlichen Tiefschlaf. Die Aufwachphase wurde am 25. Januar 2011 eingeleitet und am 1. Februar abgeschlossen. Der Patient begann wieder zu sprechen, selbstständig zu essen und machte nach ein paar Tagen erste Schritte.
Am 18. März 2011, 57 Tage nach dem folgenschweren Sturz, durfte Hans Grugger das Spital verlassen und kehrte heim nach Bad Hofgastein. Bereits im Mai nahm er an einem Trainingskurs mit den österreichischen Abfahrern teil und begann am Comeback für die übernächste Saison (2012/2013) zu arbeiten.
Im September bekam er von den Ärzten Grünes Licht zum Skifahren, am 12. Oktober (265 Tage nach dem Sturz) schnallte er auf dem Söldener-Rettenbach erstmals wieder die „Brettln“ an und sprach vom „Genuss-Skifahren“.
Grugger ist wieder gesund geworden. Für den Spitzensport reicht es wegen des schlechten Gefühls im rechten Bein aber nicht mehr.
«Der Grund ist, dass ich in meinem rechten Bein noch immer kein Gefühl habe und die Aussicht auf rasche Besserung sehr gering ist. Laut Aussage der Ärzte und Therapeuten ist es nicht absehbar, wann bzw. ob überhaupt diese Sensibilität zurück kommt. Ich hoffe natürlich, dass die Wahrnehmung und die Schnelligkeit in meinem rechten Bein zurück kommen. Jedoch ohne Gefühl und mit der Langsamkeit im Bein ist an eine ernsthafte Vorbereitung und rennmässiges Training nicht zu denken.
Natürlich bin ich traurig, dass ich meine sportliche Karriere nicht fortsetzen kann. Unterm Strich überwiegt jedoch bei Weitem die Freude und Dankbarkeit, dass es mir nach meinem schweren Unfall wieder so gut geht. Ich sehe es als riesengroßes Glück an, dass ich mich wieder normal bewegen kann und geistig keine bleibenden Schäden habe!»
Am 22. Januar 2009 stürzte Daniel Albrecht beim Abschlusstraining zur Abfahrt von Kitzbühel nach dem Zielsprung so schwer, dass er ein Schädel-Hirn-Trauma erlitt. Er war als fünfter Fahrer auf der berühmt berüchtigten „Streif“ mit klarer Bestzeit unterwegs. 1,44 Sekunden nahm er dem bisher Führenden bis zur letzten Zwischenzeit ab. Doch dann kam der Schock: Beim Zielsprung mit 138 km/h geriet Albrecht in Rücklage und knallte nach einem rund 70 Meter langen Flug brutal auf Rücken und Kopf. Der Aufprall war so heftig, dass gar Albrechts Skier zerbrachen.
Daniel Albrecht schaffte zwar mit bemerkenswertem Willen den Sprung zurück in den Weltcup, konnte aber nie mehr auch nur annähernd an seine Leistungen vor dem Unfall anknüpfen.
In der Nacht vom Freitag, 13. Mai auf Samstag, 14. Mai 2011 schlug das Schicksal bei Kevin Lötscher brutal zu. Ein feuchtfröhlicher Ausgang mit drei Kollegen und einer Kollegin endete für den jungen Hockeyspieler tragisch, fast tödlich. Tagelang kämpften die Ärzte um das Leben des jungen Wallisers, der von seiner angetrunkenen Kollegin mit dem Auto angefahren wurde. Lötschers Begleiter wurde seitlich gestreift. Der Nati-Spieler dagegen wurde von der Front voll erfasst. Lötscher flog 30 Meter durch die Luft und blieb reglos liegen. Der Personenwagen kam rund 20 Meter neben der Strasse auf einem Kieshaufen zum Stillstand.
Kevin Lötscher erlitt dabei ein schweres Schädelhirntrauma und benötigte nach dem Erwachen aus dem künstlichen Tiefschlaf das ganze Spektrum des therapeutischen Angebots: Physiotherapie, Ergotherapie, Logopädie und Neuropsychologie. Seither fehlt ihm die Balance und er kämpft auf dem Weg zum Comeback mit seiner rechten Körperhälfte, dem räumlichen Denken und der Koordination.
Bei einzelnen Tests wie beispielsweise den Linienläufen oder dem Passspiel schneidet er zwar gut bis sehr gut ab, ist sogar schon wieder auf Augenhöhe mit den anderen Spielern. «Aber sobald ich Gegner habe, drei, vier Dinge gleichzeitig machen sollte, wird es sehr schwierig.»
Kevin Lötscher überlegt sich zur Zeit keinen Plan B. «Ich gehe davon aus, dass es wieder klappen wird. Ich will wieder Eishockeyspielen. Sei es allenfalls in der Nationalliga B oder in der ersten Liga.»
Sven Leuenberger ärgert sich derweil über die Skeptiker, welche Kevin Lötscher einmal trainieren sahen und dann vorschnelle Urteile fällen. «Was sich solche Pajasse erlauben, ist ein Witz. Solange er Fortschritte macht, ist der Prozess noch nicht abgeschlossen. Ich bin mir sicher, dass er wieder irgendwo zwischen 1. Liga und NLA spielen wird.»
Ich habe Kevin zwar seit dem Unfall nie mehr spielen sehen. Aber ich habe mich mit Leuten unterhalten, die über Erfahrung bei der Pflege von Hirnverletzten verfügen. Es ist ein Segen, dass Kevin Lötscher wieder der aufgestellte, ehrgeizige junge Mann ist, der er vor dem Unfall war. Es ist ein Segen, dass er wieder ein normales Leben führen kann und seinen Traum lebt.
Trotzdem darf man, Pajass hin oder her, daran zweifeln, dass wir Kevin Lötscher dereinst in einem Ernstkampf beim SCB auflaufen sehen. Ich habe das Thema lange gemieden, wie der Teufel das Weihwasser. Der Auftritt von Daniel Albrecht in der Sendung «Aeschbacher» vom 3.5.12 hat mich aber ermutigt, es wieder einmal zu tun.
Daniel Albrecht meinte, angesprochen auf die Zweifler nämlich folgendes: «Für mich ist es noch interessant. Wenn es viele gibt, die sagen, dass schaffst du nie mehr, fordert das mich das heraus. Dann habe ich das Gefühl: Na wartet nur, euch zeige ich es.»
Kevin Lötscher und Daniel Albrecht sind aus ähnlichem Holz geschnitzt: Zähe geerdete und sympathische „Walliser Grinde“. Ich wünsche den beiden auf ihrem weiteren Lebensweg, ob mit oder ohne Spitzensport, viel Zufriedenheit und alles Gute.
Daneben habe ich den SCB und das Eishockey etwas zur Seite geschoben. Der Vorrat an Wörtern und Sätzen ist erschöpft und muss sich durch Erlebnisse anderer Art wieder auffüllen. Deshalb plane ich jetzt ausgiebige Motorradtouren in verschiedenen Regionen Europas und besuche Vorträge über Flussumleitungen und Wasserverbauungen oder besichtige Baustellen.
Trotzdem habe ich mich natürlich gefreut, dass der SCB für die nächste Saison den Schweden Nicklas Danielsson verpflichtet hat. Aus meiner Sicht stimmt bei diesem Spieler vieles. Er befindet sich mit seinen 27 Lenzen genau im richtigen Alter, um in einer neuen Liga mit neuer Motivation seine besten Jahre als Hockeyspieler zu beginnen.
Etwas skeptischer stimmt mich die Verlängerung mit Geoff Kinrade. Nicht etwa wegen Kinrade, welcher ein hervorragender Defensivverteidiger ist. Es ist die harmlose Offensive unserer Mannschaft, welche mir etwas zu denken gibt. Wenn man jetzt den 24 Punkte-Spieler Joel Kwiatkowski mit einem kanadischen Beat Gerber ersetzt, ist das zwar schön und gut. Sollte aber Travis Roche weiterhin lahmen, dann viel Spass. Ein adäquater Offensivverteidiger dürfte während der Saison nämlich kaum zu verpflichten sein.
Schauen wir mal, was sich so ergibt. Hans-Ulrich Lehmann ist zwar Multi-Millionär, aber auch Geschäftsmann. Es ist wenig wahrscheinlich, dass er in Kloten Geld investiert, um Birchers Altlasten zu tilgen oder ein strukturelles Defizit in Millionenhöhe zu decken. Man wird bei den Flyers wohl substanzielle Einsparungen vornehmen müssen. Einsparungen, wie sie nur bei den grossen Budgetposten, also bei den Spielerlöhnen, gemacht werden können. Gut möglich, dass da noch etwas geht.
In diesem Sinne widme ich mich wieder meinen Sommerträumen und melde mich irgendwann wieder mit einem Blog. Vielleicht über Chloote, den neuen Stall der Katzen oder über Roman Wick, Félicien Du Bois oder Patrick von Gunten.
Habt Spass…!