Duc's Blog

Eishockey ist in vielerlei Hinsicht eine attraktive Sportart. Nicht nur das Geschehen auf dem Eis, sondern auch das Umfeld, die Berichterstattung der Medien, die Fans, die Stimmung in den Stadien und die Problematik der Sicherheit rund um die Spiele sorgen für jede Menge Gesprächsstoff.

Ich schreibe in meinem Blog vorwiegend über den Schlittschuh Club Bern.

Daneben greife ich gerne auch Themen wie Verbandspolitik und das Schiedsrichter- und Verbandsgerichtswesen auf. Ebenfalls am Herzen liegen mir gesellschaftspolitische Aspekte, welche sich bei der Sicherheitsproblematik in und um die Stadien in zuweilen wenig erfreulicher Art und Weise manifestieren.

Dienstag, 3. September 2013

Vom Schwingen


Obwohl mir der erforderliche Background für das Kommentieren des Schwingsportes eigentlich abgeht, gibt es im gesellschaftlichen Bereich Schnittstellen. Zum Beispiel dass die Hockeyspieler, ähnlich wie die Schwinger, durchaus geerdete Typen sind, was man von den Fans, mit den bekannten Folgen, leider nicht immer sagen kann.

Das definitive Scheitern des SCB in der Trophy habe ich nicht wirklich ernsthaft verfolgt. Trotzdem habe ich mich natürlich bei Leuten, die sich bereits im Eishockeyfieber befinden, informiert, was in Bern gelaufen ist. Von ausgefallenem Videölizeugs war die Rede und dass die Spiele nicht besonders gewesen seien. Vorbereitungsgekraue halt, habe ich gedacht.

Ich werde nächsten Samstag gegen die Richtersöhne zaghaft versuchen, dem Eishockeyfieber zu verfallen. Weil sich aber Waldorf und anscheinend auch Statler angemeldet haben und die beiden schon früh zur Tränke wollen, rechne ich nicht damit, viel vom Spiel zu sehen. Da es aber um nichts mehr gehen wird, weil der SCB gemäss Sven Leuenberger «noch nicht bereit ist zu leiden», spielt das keine grosse Rolle. Alleine die Freude am Augenblick des Seins wird zählen. Für mich findet, wie eigentlich jedes Jahr, der eigentliche Saisonstart sowieso erst nach einem Herbsttöfftürli durch die französischen Alpen statt. Mir bleibt also noch etwas Zeit, um auf Temperatur zu kommen.

«Noch nicht bereit zu leiden» ist einerseits eine durchaus ehrliche Einschätzung, die das umschreibt, was ich befürchte: Meisterblues. Andererseits habe ich neulich geschrieben, dass ich hoffe, dass unserem SCB in den Spielen gegen starke ausländische Teams die Grenzen aufgezeigt werden. Das ist jetzt passiert und ich denke und hoffe, dass die Mannschaft die Lehren daraus ziehen wird. Die Erwartungen werden diese Saison hoch sein, ein passabler Saisonstart würde die Aufgabe etwas entspannen.

Schon fast Normalität, wenn auch nicht selbstverständlich, sind die positiven Zahlen, welche die SCB Eishockey AG den Aktionären an der Generalversammlung vom vergangenen Montag präsentieren konnte. Die Jahresrechnung wies einen Gewinn von 32'753 Franken, bei getätigten Abschreibungen von 438'000 Franken aus. Der Umsatz wuchs im Vergleich zum Vorjahr wegen des Lockout um rund eine Million Franken.

Als «sportlich herausragend und wirtschaftlich gut» bezeichnete Verwaltungsratspräsident Walter Born die vergangene Meistersaison. Das Eigenkapital beträgt mehr als 3,2 Millionen Franken, wobei die Mannschaft in der Bilanz mit null Franken aktiviert ist. Der SCB ist also mehr als kerngesund, wofür man Marc Lüthi nicht genug danken kann.

Ich habe den ganzen letzten Samstag vor dem TV verbracht, um meinen Besuch als Modefan in der Schwinger Arena am Sonntag vorzubereiten. Ich muss gestehen, dass ich das Schwingen früher als Tölpel Sport für peifenrauchende Ewiggestrige angeschaut habe. Heute muss ich jedoch sagen, dass ich von der Dynamik dieses Sportes und vom ausgeprägten Fairplay dieser Szene begeistert und beeindruckt bin. Die Szenen nach dem Schlussgang sprechen in dieser Hinsicht Bände, wobei man den Geist das Fairplay eigentlich in allen Kämpfen beobachten konnte. Selbst in Momenten grösster Enttäuschung und grandiosem Triumph kam der Respekt vor dem Gegner an erster Stelle, egal ob Sieger oder Verlierer und trotz höchstem emotionalem Level. Man stelle sich vor: Ein Kampf Mann gegen Mann in einer Arena mit über 50‘000 Zuschauern. Da ist man von Emotionen geflutet, wie unsere Spieler im Playoff Final, oder gar noch mehr.


Wenn ich mich unter diesem Eindruck an die Richterspiele und das Instrumentalisieren der Medien und der Volksmeinung in den letzten Playoffs erinnere, kommt mir noch immer die Galle hoch. Mit Sport, ich muss das leider so sagen, hatte das aus meiner Sicht nicht mehr viel zu tun. Obwohl dieser Titel, so wie er aus Sicht des SCB zustande gekommen ist, bestimmt einer der grandiosesten der Clubgeschichte war, bleibt für mich ein fahler Nachgeschmack. Wenn Titeljägerei mit allen Mitteln vor der Freude an einem an sich genialen Saisonfinale kommt, hat das nichts mehr mit einem Spiel zu tun. Ich war jedenfalls froh, als die Saison und damit das Richterligestürm vorbei war. Das hat es vorher noch nie gegeben.

In dieser Hinsicht habe ich an diesem Schwingfest viel gelernt. Trotz ebenfalls grösstem Druck stand bei den Gladiatoren das Fest immer vor den persönlichen Interessen und auch die Regeln sind so aufgebaut, dass das Fest im Zentrum steht. Auf die Frage, ob der Entscheid des Einteilungsgerichts vertretbar war, ausschwingen zu lassen, obwohl Matthias Sempach mit 1,5 Punkten Vorsprung eigentlich uneinholbar in Führung lag, antwortete dieser: «Ja, man musste ausschwingen. Solange die Möglichkeit besteht, dass vor dem Schlussgang mehr als ein Schwinger auch König werden kann, muss man diese nutzen. Das war für mich kein Problem.»



Herzliche Gratulation, König Matthias Sempach. Ich habe zwar für Christian Stucki gefant, aber Sempach ist der richtige Sieger, der wahre König der Schweiz. Schade, konnte Kilian Wenger im «Meisterblues» sein Niveau nicht ausspielen, was ich allerdings irgendwie erwartet habe. Wenger Kilian, zusammen mit Sempach Matthias ein ästhetischer Schönschwinger, wirkte irgendwie gehemmt, ja fast ängstlich. Währendem Matthias Sempach wie eine gespannte Feder mit dem Auge des Tigers in die Arena schritt, vermittelte Wenger den Eindruck, Angst vor der Niederlage zu haben.

Die Schwingfans mögen mir meine Modefananalysen verzeihen, aber wenn sich Klaus Zaugg schon als Schwingspezialist in Szene setzt, versuche ich das auch einmal, wobei ich vielleicht besser, wie schon letztes Jahr, wieder über Tom Lüthi und Marc Márquez schreiben würde. Die Lüthi Fans würden mich allerdings hassen. Wie bei Sempach und Wenger sieht es immer wunderbar aus wenn Tom Lüthi Motorrad fährt. Nur fährt Lüthi Tom Lüthi eben immer so, wie Wenger Kilian Wenger in Burgdorf geschwungen hat. Dass es Kilian Wenger eigentlich besser könnte, wissen wir. Bei Tom Lüthi bin ich mir da nicht mehr so sicher. Das letzte Quäntchen Aggressivität fehlt einfach. Dä Langnouerlet. Und da die Gegner das unterdessen wissen, ist für Lüthi in den Schlussrunden jeweils nichts mehr zu holen.

Ich habe im letzten Blog angetönt, dass ich das Sicherheitskonzept dieses Schwingfestes unter die Lupe nehmen will. Diese Geschichte ist aber mit einem Satz erzählt: Das eigentliche Sicherheitskonzept bestand in erster Linie aus der Selbstdisziplin und dem gesunden Menschenverstand der über 200'000 Zuschauer. Das begann mit der Anreise im Zug, die fröhlich, aber ohne Terrorisierung der unbeteiligten Fahrgäste vonstattenging, setzte sich fort mit dem disziplinierten Verhalten am für diese Massen eigentlich viel zu kleinen Bahnhof Burgdorf und ging weiter mit dem Fanmarsch durch die Wohnquartiere. Ohne Polizei, wohlgemerkt. Und um auf die gewaltige Tribüne zu gelangen reichte es, einem freundlich grüssenden Helfer aus Distanz das Ticket zu zeigen.

Verbotsschilder? Fehlanzeige! Rucksäcke durchsuchen? Fehlanzeige! Messer, Glasflaschen, sperrige Gegenstände, einfach alles was der normale freie Bürger so auf sich tragen kann, fanden den Weg in diese eindrückliche Arena. Der Alkohol, das kann man sich ja vorstellen, floss zwar in rauen Mengen. Mehr, als die schwarzgekleideten Früchtchen auf den Fußball Tribünen ertragen würden. Und zwar keine fade Becherbrühe, sondern edelster Gerstensaft aus stilvollen Bügelflaschen aus Glas. Einfach wunderbar und ganz ohne Aggressionen, währendem man den Fans der «arrivierten Sportarten» die billig-fade Becherbrühe über kurz oder lang aus «Sicherheitsgründen» verbieten wird. Vielleicht wird man dann feststellen, dass die kranken Köpfe, nicht der Gerstensaft für unterirdisches Verhalten verantwortlich sind.

Währendem es für ein simples Fussball- oder Hockeyspielchen, ohne dass es um viel gehen würde, wegen einem paar Dutzend kranker Gestalten ein Dispositiv braucht, wie wir es im TV in den Volksaufständen in Nordafrika beobachten konnten, managte ein Heer von fröhlichen Freiwilligen in Burgdorf problemlos eine viertel Million Menschen. Irgendwie unglaublich!

Polizisten? Die ersten die ich gesehen habe, habe ich fotografiert. Entweder sassen sie hoch zu Ross, oder trugen der Witterung entsprechend kurze Hosen. Keine vergitterten Panzer, keine Kampfmontur, keine Schlagstöcke, keine Bürgerkriegsstimmung. Nur Freund und Helfer, wie es sich für ein freiheitsliebendes Land wie die Schweiz eigentlich gehören würde. Bundespräsident Maurer hat es in seiner Ansprache richtig gesagt, «wir werden uns schon selber helfen.»


Wenn man sich, bevor man Rechte einfordert, zuerst einmal mit den Pflichten befassen würde, die man als Beitrag für die eingeforderte Freiheit zu erfüllen hätte, bräuchte man nicht über diese Rechte nicht zu sprechen. Sie sind in unserem Land so selbstverständlich wie die Pflichten. Oder besser gesagt, sie wären...
Leben und leben lassen, die eigene Freiheit endet ganz selbstverständlich dort, wie die des anderen beginnt. An sich könnten wir das freiste Volk der Welt sein, wenn wir nur wollten.

Ich weiss, das ist langweilig und furchtbar altmodisch. Züge demolieren, ganze Bahnhöfe stilllegen, Menschen in Einkaufsstrassen verängstigen und terrorisieren und den eigenen Club zwingen, Millionen für hochauflösende Überwachungskameras und eine veritable Hausarmee zu investieren ist da schon viel cooler. Dann kann man wieder so wunderbar grännen über die lückenlose Überwachung, die böse Polizei und die intolerante Gesellschaft. Eine Gesellschaft, die letztendlich wir selber sind.

Wir selber, oder besser gesagt unsere hochgelobte intelligente urbane Gesellschaft ist leider daran, mit Neid, Missgunst, egoistischem Sauglattismus und grenzenloser Blödheit alles zu zerstören, wofür uns andere beneiden.

Item, so ein Schwingfest ist lehrreich, weil es so vieles beinhaltet, was uns teuer ist. Auch das, was die Fanorganisationen mit ihrem Referendum gegen das Hooligan-Konkordat einfordern, wird auf dem Schwingfest gelebt. Gelebt, nicht gefordert!

Die Organisation in Burgdorf, ich darf das so sagen, war tadellos. Obwohl ich gerne etwas motzen würde, fällt mir nichts ein, was man aus Sicht der Besucher besser hätte machen können. Die Anreise mit dem Zug funktionierte tadellos, Speis, Trank, Verpflegung und Sanität waren perfekt organisiert. Vielleicht hätte man bei den Screens etwas weniger sparen sollen, aber ansonsten absolut top. Die Stimmung war vergleichbar mit einem grossen Volksfest, ähnlich wie seinerzeit an der Expo 02. Einfach wunderbar.


So, fertig für heute. Eigentlich wollte ich noch eine Saisonprognose anhängen. Aber da es schon finster geworden ist am schönen Thunersee und weil ich zweifle, dass ich heute, oder überhaupt, in der Lage bin, meine letztjährige Prognose in Sachen Genauigkeit zu überbieten, vertage ober "verwochne" ich diese knifflige Aufgabe noch einmal. Es bleibt ja noch etwas Zeit.

1 Kommentar:

  1. Geil geschrieben, Duc! - Genau was ich als Helfer erlebt habe. Das ging sogar so weit, dass uns, als wir beim Abladen grad etwas wenig helfende Hände hatten, einige Besucher rasch ausgeholfen haben. Erhlich: Was ich da erlebt habe, das hat mir die Augen geöffnet und mir gezeigt, was eigentlich in diesem schönen Land alles möglich wäre. - So kamen halt an die 50'000 Sackhegle in der Arena zusammen. Und das einzige Problem mit diesen bestand darin, dass der eine oder andere beim aus der Tasche ziehen aus der Hand und so von der Tribühne fiel. Das Problem ist augenscheinlich: Womit schneidet man ohne Sackhegu den Speck, die Wurst oder das Brot?? Dank der Sitznachbaren war aber auch das sehr rasch gelöst. - Und natürlich hast Du recht: Die Fangruppen aus Fussball und Eishickey fordern stets, leben aber nicht vor. Vor noch nicht soooo langer Zeit wurden Querschläger gemassregelt. Dies nicht von der Polizei oder der Hausarmee. Sondern von den anderen Matchbesuchern. Weil man aber heutzutage, wenn man das Maul aufmacht, sofort von Gruppen von Querulanten umzingelt und halbtot geschlagen wird, regelt sich das nicht mehr von selbst. - Quo vadi, confoederatio helvetica??? - GO-4-IT

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