Duc's Blog

Eishockey ist in vielerlei Hinsicht eine attraktive Sportart. Nicht nur das Geschehen auf dem Eis, sondern auch das Umfeld, die Berichterstattung der Medien, die Fans, die Stimmung in den Stadien und die Problematik der Sicherheit rund um die Spiele sorgen für jede Menge Gesprächsstoff.

Ich schreibe in meinem Blog vorwiegend über den Schlittschuh Club Bern.

Daneben greife ich gerne auch Themen wie Verbandspolitik und das Schiedsrichter- und Verbandsgerichtswesen auf. Ebenfalls am Herzen liegen mir gesellschaftspolitische Aspekte, welche sich bei der Sicherheitsproblematik in und um die Stadien in zuweilen wenig erfreulicher Art und Weise manifestieren.

Sonntag, 28. Oktober 2012

Von passivem Angsthasenhockey der übleren Sorte


Das mit 3:2 gewonnene Spiel gegen die kriselnden Kloten Flyers war nicht der erhoffte Befreiungsschlag. Eher eine kurze Verschnaufpause in der Tristesse der aktuellen sportlichen Krise beim SCB.

Herrlich, diese Foren. Da steht zum Beispiel auf dem Tigers Forum geschrieben: «Der bärtige und ungepflegte Zesiger soll wieder ins VBS und als Sonderbeobachter nach Afghanistan», oder «der Preis pro Becher Bier hätte mit einem Fünfliber wohl auch gereicht, oder muss mit dem zusätzlichen „Füfzgi“ die dicke Krawatte des Gastrochefs mitfinanziert werden?»

Momou, äs geit öppis im Ämmitau. Die Krisen-Rhetorik tönt unterdessen in etwa gleich, wie bei uns. Es lohnt sich also durchaus, etwas nach Langnau schielen. Zumal es gut möglich ist, dass wir im kommenden Frühling intensiver mit den Emmentalern zu tun haben könnten, als uns lieb ist.

Vielleicht könnte man Antti Törmänen gegen den studierten Psychologen John Fust tauschen. Möglicherweise eine Win-Win-Win-Win Situation.

Beim SCB habe ich, wenn wir schon bei Unterhaltung neben dem Eis sind, auch noch einen Oberburner gefunden. Nicht etwa auf dem Pinboard, dort geht es ähnlich konfus und eigentlich wenig unterhaltsam zu Werke. Nein, der Oberbrüller ist eine angebliche Aussage von CEO Marc Lüthi:

«Unsere Zuschauer gehen nach diesem Spiel happy nach Hause», soll er nämlich nach dem blutleeren Spiel gegen die kriselnden Flyers gesagt haben.

Ob er damit gemeint hat, die Zuschauer seien glücklich, weil ihnen weitere 5 Gähn Minuten in Form einer Verlängerung erspart geblieben sind, entzieht sich meiner Kenntnis. Ich gehe jetzt mal davon aus, ansonsten müsste ich unseren Boss nämlich als «Scheuklappen-Marc» bezeichnen.

Es war ein absolut furchtbares Eishockeyspiel. Verunsichert, passiv, mechanisch, ohne Intensität, ohne Härte, ohne Checks, einfach ohne alles, was ein gutes Eishockeyspiel ausmacht. Zum Glück sind wir nicht in Rückstand geraten, das Kartenhaus wäre sonst in sich zusammengefallen, wie die japanische Küste nach dem verheerenden Zunami am 11.3.2011.

Das war passives Angsthasenhockey der übleren Sorte. Und das gegen einen Gegner, der zum Glück auch nichts zustande brachte. Ja, die Dramaturgie spielt sich zurzeit ganz klar neben dem Eis ab. Und in diesem Sinne hat dieser, wie soll ich ihn nennen, Fanprotest, durchaus positive Auswirkungen auf den Unterhaltungswert dieses tristen, vorwinterlichen Hockeyabend gehabt.

Dass jetzt deshalb derart übereutert wird, steigert den Unterhaltungswert des Theaters rund um den SCB noch einmal. Da schreibt der gute Urs Berger auf «hockeyfans.ch» doch tatsächlich folgende Zeilen:

«An stelle guter Stimmung zu verbreiten schwieg eine Mehrheit der Fans während dem ersten Drittel. Die Aktion alleine zeigt auf, wie kindisch das Verhalten einiger SC Bern Anhänger ist und wie wenig diese vom Sport verstehen. Dass es im Eishockey nicht immer so läuft wie es soll, kam wohl den wenigsten Anhängern in den Sinn. Auch die Transparente, welche die „Fans“ entrollten, welche eigentlich diesen Namen nicht verdient haben, zeugt von schlechtem Charakter. „Keine Lust? Wir auch nicht. Kämpft! Nicht für uns, sondern für Euch“ stand in grossen Lettern geschrieben. Kurze Zeit später wurde ein weiteres Transparent entrollt. „Anstatt die Kohle zu Hause in den Tresor zu stopfen, besser mal den Gegner boxen!“ Zwei Transparente folgten noch, welche aber vom Niveau her noch tiefer unten anzusiedeln waren. Keine Frage, auf solche Fans kann der Klub der Hauptstadt verzichten. Und Marc Lüthi sollte auch hier einmal ein Exempel statuieren und das Megaphone und andere Annehmlichkeiten verbieten.»

Urs Berger scheint entweder von allen guten Geistern verlassen zu sein, oder nicht mehr alle Tassen im Schrank zu haben!

Es ist das gute Recht der treuen Fans des SCB, ihren Unmut zu zeigen. Die Plakate mögen Geschmacksache sein, aber es kam weder jemand zu Schaden, noch wurde jemand angegangen oder diskriminiert. Auch wurde niemand gezwungen, bei den Aktionen mitzumachen.

Und der Ausspruch: «Keine Lust? Wir auch nicht. Kämpft! Nicht für uns, sondern für Euch», war sogar richtig gut und trifft die Sache im Kern. Die Mannschaft soll endlich wieder so spielen, dass ihr das Spielen Spass macht. Es würde dann auch den Fans wieder Spass machen!

Wer das Gefühl hat, die Leistungen des SCB, die schwache Vorbereitungsphase, der verunglückte Saisonstart und das aktuelle verunsicherte Gestocher seien logisch und daher mit begeisterten Jubelstürmen hinzunehmen, soll meinetwegen Polonaise tanzen und Winki-Winki machen. Ich für meinen Teil bin enttäuscht und besorgt. Selbst die NHL Verstärkungen schrumpfen beim SCB zu gewöhnlichen, durchschnittlichen Mitläufern.

Der arme Mark Streit, Captain der New York Islanders und der Nationalmannschaft darf doch in der Kabine kein Wort sagen, weil er sonst die Autorität der Arrivierten untergraben und den angeschlagenen Trainer blossstellen könnte. Superstar Tavares ist mit seinen 22 Jahren weit weg davon ein Leader zu sein und ist auch zusammen mit Vermin und Ritchie nicht in der Lage, Einfluss auf das Spiel zu nehmen. Es ist sogar so, dass der junge Vermin mehr Raunen auf den Rängen verursacht, als der Star aus der NHL.

Und Roman Josi hätte sich die Rückkehr in seine Heimat wohl auch anders vorgestellt. Statt sich vom Publikum feiern zu lassen, versucht er in dieser verunsicherten Truppe mit zunehmender Verzweiflung etwas zu kreieren. Irgendwie traurig.

Es kommt mir vor wie in der Spielzeit 04/05, als sich der SCB nach schwachem Start die ganze Saison nicht mehr aus der Verunsicherung lösen konnte und um ein Haar in die Playouts gefallen wäre. Ein Szenario, das so unglaublich es klingen mag, auch dieses Jahr wieder aktuell werden könnte. Es gibt nämlich Parallelen, die sich nicht wegwischen lassen.

Wenn Rappi und Biel ihre Höhenflüge fortsetzen und der HCD sein Tief überwindet, gibt es freie Plätze in den Playoutregionen. SCB gegen Langnau in den Playouts, ein nicht auszuschliessendes Szenario. Zumindest die Saison der Emmentaler würde so gerettet.

Ich habe mir am Freitag wieder einmal konzentriert das Einlaufen angesehen und dabei Gesichtsausdrücke und Körpersprache gelesen. Die Verunsicherung war greifbar und von Spielfreude und Teamspirit war nichts, aber auch gar nichts zu sehen. Das kann ja heiter werden, habe ich gedacht. Leider hat das Gefühl nicht getrügt.

Die drei Punkte waren wohl schön, aber auch trügerisch. Das Gezeigte war weder der erhoffte Befreiungsschlag, noch eine signifikante Steigerung im Vergleich zum Spiel gegen die Lakers. Eher eine Fortsetzung des spielerischen Tiefpunktes.

Man hat etwas Zeit gewonnen. Aber wie man in den kommenden Partien gegen Fribourg, Zug und Genf bestehen will, kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen.

Schaun wir mal.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen