Duc's Blog

Eishockey ist in vielerlei Hinsicht eine attraktive Sportart. Nicht nur das Geschehen auf dem Eis, sondern auch das Umfeld, die Berichterstattung der Medien, die Fans, die Stimmung in den Stadien und die Problematik der Sicherheit rund um die Spiele sorgen für jede Menge Gesprächsstoff.

Ich schreibe in meinem Blog vorwiegend über den Schlittschuh Club Bern.

Daneben greife ich gerne auch Themen wie Verbandspolitik und das Schiedsrichter- und Verbandsgerichtswesen auf. Ebenfalls am Herzen liegen mir gesellschaftspolitische Aspekte, welche sich bei der Sicherheitsproblematik in und um die Stadien in zuweilen wenig erfreulicher Art und Weise manifestieren.

Mittwoch, 18. April 2012

Ein braver erster Verlierer


Der SCB hat es in der Finalissima trotz mehr Spielanteilen nicht geschafft, genügend zwingende Torchancen für den Sieg zu erzwingen. Die ZSC Lions, welche sich trotz Widrigkeiten nie von ihrem Weg haben abbringen lassen, glänzten im Gegenzug mit meisterlicher Effizienz, gewannen mit 1:2 und konnten in der Folge verdient den siebten Meistertitel der Vereinsgeschichte feiern.

Jeder wie er möchte und wie es ihm behagt, aber ich kann mit diesem Scheiss-Vize-Misttitel nichts anfangen. Erster Verlierer zu sein, ist weder Trost noch Ehre, sondern ganz einfach ein unsäglicher Mist!

Ich habe nach dem 4. Spiel in Zürich, welches der SCB mit 2:0 gewonnen hatte davon geschrieben, dass der SCB leistungsmässig den Peak erreicht habe, was so viel heisst, wie dass es besser nicht mehr geht. Bis zu diesem Spiel habe ich immer von «weiter, immer weiter» fabuliert. Leider musste ich in der Folge auf diese Redewendung verzichten.

Nach diesem Spiel, welches uns drei Meisterpucks bescherte, ist der SCB nämlich seinen Weg nicht mehr weitergegangen. Man liess sich im Gegenteil ein paar Schritte zurückfallen, um den Gipfel besser sehen zu können. Schnörkellose Coolness  wurde damit von mutlosem Verwalten abgelöst und dadurch wurde das Momentum den Lions überlassen. Ich hatte zuweilen das Gefühl, man vertraue darauf, dass der Meisterkübel dann schon irgendwie komme.

Die Lions sind im Gegenzug ihren Weg trotz Pech, Widrigkeiten und scheinbar hoffnungslosem Rückstand beharrlich weitergegangen und haben damit dem nachlassenden SCB das Momentum entrissen und nicht mehr losgelassen. Die Zürcher haben gewissermassen genommen, was man ihnen gegeben hat. Den Rest haben sie in den Schlussminuten der Finalissima mit unbändigem Willen, schlauer Taktik, Mut und Glück, oder eben dem Momentum erzwungen.

Nein, dieses Tor in den Schlusssekunden hätte niemals gegeben werden dürfen. Aber solche Tore fallen eben auf der Seite des Momentums. Das Tor fiel auch nicht aus heiterem Himmel, sondern es wurde mit aller Kraft gesucht. Wir hätten es auch genommen, wenn wir es auf diese Weise erzwungen hätten. Aber wir waren brav und begnügten uns mit einem Treffer. Zuwenig in einer Finalissima im eigenen Stadion. Da gibt es nichts zu lamentieren.

Der SCB wird in den Medien für seine Überlegenheit im Spiel 7 gelobt. Ich kann dem nur bedingt zustimmen. Gewiss, man diktierte über weite Strecken das Spiel, hatte mehr Scheibenbesitz und wohl auch mehr Abschlüsse. Wie meistens. Nur waren diese Abschlüsse zu wenig zwingend. Wie meistens in dieser Saison. Die Offensivbemühungen des SCB wirkten auf mich dosiert und fantasielos und so hatten die Lions ihren Slot weitgehend unter Kontrolle.

Mir wäre es lieber gewesen, man hätte Gegentore auf gefährliche Querpässe in der Offensive erhalten, als durch eine stümperhafte Unzulänglichkeit in der Abwehr, wie beim 0:1 durch Mark Bastl in der 20. Minute. Für mich war der Auftritt offensiv mutlos und defensiv zu wenig konsequent. Wer Meister werden will, muss meisterlich auftreten. Der Auftritt des SCB war in Anbetracht der Ausgangslage zu wenig zwingend, als dass man sich über fehlendes Glück oder gar über die Leistung des Schiedsrichters beschweren könnte.

Schliesslich kassierte der SCB in diesem Spiel keine einzige Strafe, währendem die Lions zweimal in Unterzahl spielen mussten. Hätte man einen dieser Ausschlüsse zum Führungstreffer nutzen können, hätte man sich von den Emotionen zum Titel tragen lassen können. Leider hat man es in dieser Phase wegen unpräzisem Passspiel aber verpasst, einen Treffer zu erzielen. Wär se nid macht, überchunnt se haut irgendeinisch u Hätti u Wetti si scho geng Brüeder gsi. Kene het öppis gha...

«Wenn man im eigenen Drittel unter Druck ist, könnte man auch einmal das Befreien als Priorität ins Auge fassen.» Verflucht, diese Zeilen stammen aus einem meiner Blogs vor der Halbfinalserie. Ich finde es einfach zum Kotzen, dass man gestern in den Schlussminuten, als die Lions den Titel mit allen Mitteln zu erzwingen begannen und das Spiel quasi nur noch im Drittel des SCB stattfand, wieder und wieder tändelte, statt den Zürcher Rhythmus mit destruktivem Abräumen zu brechen.

Das Zürcher Tor war absehbar, ja richtiggehend parkiert! Die Zürcher hatten ihre Kräfte gebündelt und alles auf eine Karte gesetzt. Warum das offensichtlich keinem unserer Trainer an der Bande auffiel, wissen die Götter. Man hat verdammt nochmal für solche Schlüsselszenen ein Timeout zur Verfügung, welches man zur Beruhigung der Situation und zur Neuorganisation hätte ziehen MÜSSEN!

Leider hat man es nicht getan und jetzt hat man den Schaden und die Schmach, sich als braver Verlierer mit guter Miene zum schlechten Spiel präsentieren zu müssen. Unnötig und zum Grediusemööge, dieses mistige Szenario. Ich habe nach dem Spiel anstandshalber noch die Pokalübergabe abgewartet, dann bin ich wie ein geprügelter Hund schnurstracks ins Körbchen geschloffen und habe mich dem Schlaf des Gerechten gewidmet. Ich konnte mich nicht einmal mehr richtig ärgern, lediglich eine tiefe Leere hat mich befangen.

Die Einsetzung von Antti Törmänen als Headcoach des SCB war eine mutige und durchaus sympathische Aktion. Aber jetzt, da die Saison gelaufen ist, gilt es, nebst dem Lecken von Wunden den SCB für die Zukunft so aufzustellen, dass weitere Finals folgen werden. Wie ihr wisst, liegt mir jegliche Polemik fern, aber eine Organisation mit hohen sportlichen Zielen braucht einen Bandengeneral, keinen Trainerpraktikanten, der sich in einem Playofffinal nach allen Regeln der Kunst zum Zuschauer coachen lässt! Ich habe vor dem Final vom Duell des Gesellen gegen den Grossmeister geschrieben. Die Serie hat eindrücklich und in aller Deutlichkeit gezeigt, was ich damit gemeint habe. Es ist jetzt an der Zeit, dieser durchaus netten Episode ein Ende zu setzen und in der Trainerfrage Nägel mit harten Köpfen zu machen.

Die Hockeygötter haben das Drehbuch so geschrieben, dass Ralph Krüger im richtigen Moment frei wird. Es wäre geradezu fahrlässig, diese einmalige Chance jetzt nicht zu nutzen! Ansonsten dürfte das Szenario für die nächste Saison in etwa so laufen, dass im Spätherbst, pünktlich zum ersten Schnee der nächste Übergangstrainer verpflichtet werden muss. Das wäre zwar einmal mehr gut fürs Theater, aber gleichzeitig auch treten am Ort. Ich höre mich schon über die fahrlässig entgangene Grosschance lamentieren, die nähere sportliche Zukunft auf solideste Beine zu stellen.

Auch bei den Ausländern muss jetzt ein Schnitt gemacht werden. Jean-Pierre Dumont wäre mit seiner mangelnden Tempofestigkeit in der Qualifikation kaum zu ertragen und Joel Kwiatkowski, seinerzeit als Josi-Ersatz verpflichtet, tritt zwar seit letztem Herbst deutlich verbessert auf, konnte aber dem wenig erbaulichen Offensivspiel der Mannschaft in den Playoffs auch keine entscheidenden Impulse geben. Antti Törmänen fühlte sich nicht ohne Grund genötigt, den angeschlagenen Roche zu bringen. Trotzdem hätte er ein siegreiches Team nicht ohne Not verändern sollen.

Falls im Hinblick auf die nächste Spielzeit kein erstklassiger Schweizer Verteidiger mit Offensivpotential verpflichtet werden kann, muss man sich mit schwerem Herzen auch von Geoff Kinrade trennen. Einen reinen Defensivsoldaten als Playoff Verstärkung kann man auch im Spätherbst noch verpflichten. Ohne einen kreativen Schweizer Zuzug in der Verteidigung braucht der SCB neben dem seit nunmehr eineinhalb Saisons dauerverletzten Travis Roche aber dringend einen zweiten ausländischen Offensivverteidiger und im Angriff einen Spieler, der die Fähigkeit hat, in engen Spielen auch einmal durchzubrechen. Einen Spieler, wie er uns in diesen Playoffs gefehlt hat!

Beim SCB werden in den kommenden zwei Jahren die verblassenden Leader Martin Plüss und Ivo Rüthemann ersetzt werden müssen. Daneben gilt es, die Nachfolge von Marco Bührer anzugehen. Im Schatten von Ralph Krügers Charisma und mit seinen erstklassigen Verbindungen wären die Voraussetzungen geschaffen, um im Hintergrund in Ruhe die Fäden zu ziehen, um den Kern der Mannschaft zu erneuern, ohne dabei sportliche Turbulenzen entstehen zu lassen.

Trotz dem momentanen Frust hat uns die Mannschaft in den Playoffs aber auch viel Freude bereitet. Wär hätte schon damit gerechnet, dass uns der SCB bis 2,5 Sekunden vor Schluss des letzten Spieles den Meistertraum würde träumen lassen? Man hat es gehofft, aber ernsthaft geglaubt wird das kaum jemand haben. Einer unbefriedigenden Qualifikation folgten 17 wunderbare Playoffspiele und jede Menge unerfüllte Meisterträume. Das Leben dieses Traumes bis in die Finalissima wird uns diese Saison im Nachgang aber trotzdem in guter Erinnerung bleiben lassen.

Nichtsdestotrotz ist es schade, dass es auch in den Playoffs keinem unserer Leader gelungen ist, aus der soliden Masse herauszustechen. Schaut man auf die Qualifikationsleistungen unserer Schlüsselspieler, ist es aus Berner Sicht wenig verwunderlich, dass die Musik letztendlich von Andres Ambühl, Thibaut Monnet und Luca Cunti, nicht aber von Ivo Rüthemann, Martin Plüss oder Ryan Gardner gespielt wurde. Nächste Saison erwarte ich von diesen Spielern schon während der Qualifikation zumindest ansprechende Leistungen!

Beeindruckt hat mich in dieser Saison ausschliesslich unsere junge Garde. Joel Vermin, Pascal Berger, Christoph Bertschy, Tristan Scherwey und Etienne Froidevaux haben mich gewissermassen durch die Saison getragen. Enttäuschend waren die Arrivierten und letztendlich auch die Ausländer. Selbst der vielgerühmte Byron Ritchie war nicht in der Lage, in schwierigen Momenten eine Entscheidung zugunsten des SCB zu erzwingen. Die Meinungen, man müsse weiss nicht was für Spieler verpflichten, damit sich Ritchie entfalten könne, finde ich ermüdend. Ich denke eher, dass wir Ausländer brauchen, die ihre Nebenspieler beflügeln.

Marc Lüthi wurde übrigens letzte Nacht mit einer Holzkiste und einem Klappspaten auf der grossen Allmend gesehen. Ob er seine Meisterträume zu Grabe getragen hat, oder ob er nur die eingesparten Meisterprämien vor neuen Begehrlichkeiten in Sicherheit bringen wollte, entzieht sich allerdings meiner Kenntnis.

Schauen wir, was die kommenden Tage und Wochen bringen werden. Es könnte durchaus spannend werden. Gespannt bin ich auf Erklärungen zu den Verletzungen von Dumont und Roche. Daneben habe ich den bitteren Geschmack der Niederlage aus dem Mund gespült und freue mich auf den nahen Sommer.

In diesem Sinne: S isch ja nur äs chlises Tröimli gsi...

Viel Spass und nichts verungut für meine kontroversen Gedanken. J

2 Kommentare:

  1. Meine Meinung ist klar. Ich habe genug Defensiv-Hockey gesehen. Wenn man mit diesem Stil den Titel holt wie Hartley, kann einem dies egal sein. Wenn es nicht zum Titel reicht, dann bitte abfahren.
    Törmännen kann gerne in Helsinki zeigen wie man verteidigen soll. Aber ich mag kein Betonmischer-Eishockey schauen. Ich will, harte Checks, Risiko und druckvolles Hockey. Ansonsten bleib ich zu Hause.

    ZSC tat mehr für den Sieg und deshalb haben sie auch gewonnen. Schade.
    und noch etwas: dass man Spieler wie Froidevaux (oder früher auch Monnet) ziehen lässt, hab ich noch nie verstanden. Der Mann gehört in Linie 1 oder 2. Er spielt nun eine Saison in Langnau, dann holt ihn der HCD und weg isser.

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  2. Ich habe es schon lange aufgegeben, mich ob den kommenden und gehenden Übungsleitern an der Bande gross aufzuhalten. Ich kann auch gut mit Krüger leben, nur frage ich mich, ob an diesen dann auch die gleichen Massstäbe angesetzt werden, wie das jetzt bei Törmännen der Fall ist. Eingedenk der sehr beschränkten Offensivfähigkeiten des SCB sehe ich zum gefahrenen Defensivkonzept keine grosse Alternativen. Andernfalls wären wir vermutlich schon in der 1/4-Finals gescheitert. Die Jungen sind ein Versprechen für die Zukunft, zuviele arrivierte Spieler sind aber letztlich zu vieles schuldig geblieben. Einzig Rüthemann war da, wenn es ihn brauchte. Aber Gardner, Plüss, Déruns etc. waren selten oder gar nie ein Faktor in den entscheidenden Momenten. Dies führt mich einmal mehr zur Erkenntnis, dass der SCB derzeit sicher nicht auf dem Zenit seines Leistungsvermögens steht. Dieses ist etwa 4-5 Jahre her, und auch damals versemmelte man es. Gruss + Frust Talisker

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