Duc's Blog

Eishockey ist in vielerlei Hinsicht eine attraktive Sportart. Nicht nur das Geschehen auf dem Eis, sondern auch das Umfeld, die Berichterstattung der Medien, die Fans, die Stimmung in den Stadien und die Problematik der Sicherheit rund um die Spiele sorgen für jede Menge Gesprächsstoff.

Ich schreibe in meinem Blog vorwiegend über den Schlittschuh Club Bern.

Daneben greife ich gerne auch Themen wie Verbandspolitik und das Schiedsrichter- und Verbandsgerichtswesen auf. Ebenfalls am Herzen liegen mir gesellschaftspolitische Aspekte, welche sich bei der Sicherheitsproblematik in und um die Stadien in zuweilen wenig erfreulicher Art und Weise manifestieren.

Dienstag, 20. September 2011

Die Sache mit der offensiven Feuerkraft

Was bereits in der Sommerpause in Fankreisen diskutiert wurde, wird jetzt auch in den Medien zum Thema. Der Ruf nach zusätzlicher offensiver Feuerkraft wird zusehends lauter. Jammern auf Vorrat, oder nötig, um sich in den Spitzenrängen behaupten zu können?


«Der SC Bern macht in den ersten Runden den Eindruck von Zimmerleuten auf Wanderschaft,» ist in der heutigen NZZ zu lesen. «Das Team ist voll guten Willens und Zuversicht. Allzu oft aber reicht das Handwerk nicht, um die Absichten umzusetzen.»

Schuld daran, wie sollte es anders sein, sei Geschäftsführer Marc Lüthi, der «seit drei Jahren auf der Kostenbremse steht, weil die Mietkosten des Stadions mittlerweile vier Millionen Franken betragen und dem Klub über den Kopf zu wachsen drohen.»

Wenn die Schlussfolgerung aus solchem Geschreibsel lauten sollte, dass man jetzt sofort mit Paniktranfers und Schuldenwirtschaft beginnen sollte, dann gute Nacht. Schliesslich wollen wir in Bern doch langfristig eine konkurrenzfähige Mannschaft haben. Dazu braucht es aber Besonnenheit, Geduld und eine Führung, die sich nicht von kurzfristigen Begehrlichkeiten leiten lässt.

Braucht der SCB tatsächlich zusätzliche offensive Feuerkraft?

Zum jetzigen Zeitpunkt wohl kaum. Schon gar nicht wegen der Polemik in den Medien oder wegen ein paar Grännis im Publikum, die genauso grännen würden wenn man Joel Kwiatkowski mit Verlust abgeschoben hätte und jetzt noch tiefer in der Tinte stehen würde. In Anbetracht der momentanen Verletzungssorgen in der Verteidigung würden die Feuerkraftmööger Sven Leuenberger als Vollpfosten und Marc Lüthi als himmeltrauriger Pampwurst- Gastronom im chronischen Steakhousewahn beschimpfen.

Gewiss, Sven Leuenberger hätte reagieren können, nachdem bekannt wurde, dass Kevin Lötscher nach seinem Unfall lange ausfallen würde. Man hätte einen zusätzlichen ausländischen Stürmer verpflichten können, zumindest wenn Marc Lüthi dafür die Schatullen mit dem Tafelsilber geöffnet hätte.  Nur würde dieser Neue jetzt wohl sowieso auf der Bank sitzen, weil Joel Kwiatkowski derzeit in der Verteidigung unabkömmlich ist. Die Torausbeute und das Spektakel in den Startspielen wären demnach mit diesem Szenario kaum besser ausgefallen. 

Abgesehen vom verprassten Tafelsilber müsste sich Captain Vigier mit dem bereits verpflichteten Wunschausländer und dem neuen Wunderstürmer um den Platz im Team balgen. Beim SCB führte solches meist zu Klimavergiftungen und zu endlosen Diskussionen über Leistungsprinzipe und persönliche Vorzüge. Ein nachvollziehbares Rotationsprinzip wurde in der Vergangenheit nämlich weder von John Van Boxmeer, noch von Larry Huras praktiziert. Diese Disziplin zu beherrschen scheint Arno del Curto vorenthalten zu sein.

Natürlich, erzielte der SCB in den ersten vier Partien lediglich neun Treffer, was einen Schnitt von 2.25 Toren pro Spiel ergibt. Man hat aber gleichzeitig auch nur 4 Tore erhalten. Ein lumpiges Törchen pro Partie also, und das mit einem Lazarett in der Verteidigung.

Dass unter diesen Umständen die Balance etwas leidet und man sich noch mehr als sonst auf eine solide Defensive konzentrieren muss, sollte eigentlich jedem klar sein. Dass man trotzdem einem ansprechenden Saisonstart mit neun Punkten aus vier Spielen hingelegt hat, müsste eigentlich eher dazu führen, dem Team Kredit zu geben, statt jetzt schon, nach Verzweiflungstransfers zu möögen. Natürlich spielt man noch nicht Traumhockey. Aber wenn Einsatz und Wille stimmen, wird man sich zu steigern wissen.

Sven Leuenberger äusserte sich anlässlich des Spiels gegen den ZSC zum Thema offensive Feuerkraft und zusätzliche Verstärkungen folgendermassen:

«Man kann natürlich nie genügend Potential haben, in der Offensive. Wichtig ist aber auch, dass man aus einer sicheren Defensive spielt. Wir haben in den bisherigen Partien gezeigt, dass wir nur wenig Tore kassieren. Von dem her stehen wir defensiv solid und vorne wollen wir drei und mehr Tore pro Partie schiessen. Es ist noch früh im Jahr und die aktuelle Mannschaft hat es verdient, zu zeigen, dass sie das auch so schafft.»

Zum Substanzverlust sagte Leuenberger:

«Der Substanzverlust ist nicht deshalb gross, weil Dubé und Gamache den SCB verlassen haben, sondern weil sich Kevin Lötscher als potentieller Topscorer bei seinem Unfall verletzte. Ich denke mit Kevin Lötscher hätten wir die Abgänge kompensiert. Das Fehlen Kevin Lötschers hat beim SCB sicher ein Loch aufgerissen. Mit Pascal Berger haben wir aber einen jungen Topscorer und wenn die Jungen so weiterspielen, holen wir den Substanzverlust auf.»

Dass Leuenbergers Aussagen etwas «persilgewaschen» tönen, mag ja meinetwegen sein. Aber was sollte er auch anderes sagen? Und im Grundsatz hat er durchaus recht. Hätte Kevin Lötscher bei seiner Unterschrift in Bern angekündigt, dass er mit Kollegen auf Sumpftour zu gehen gedenke und dass sie sich von einer stark alkoholisierten Kollegin umher chauffieren und anschliessend über den Haufen karren lassen wollten, hätte man sich bei der Teamzusammenstellung bestimmt noch einige andere Gedanken gemacht und vielleicht den Vertrag mit Jean-Pierre Vigier nicht verlängert oder den genialen Zweiwegstürmer mit der Nummer 15 doch behalten.

Jetzt ist es aber wie es ist und wie die Dinge gelaufen sind, gibt es zurzeit keinen Grund für Gegränne. Und schon gar nicht für Katastrophenrhetorik betreffend der Saisonkartenverkäufe in den kommenden Jahren. Das ist doch einfach lächerlich, liebe NZZ. Pascal Berger und Joel Vermin spielen hervorragend und machen richtig Freude. Komisch, dass jetzt geflennt wird, nachdem man noch vor einem Jahr immer wieder betonte, man solle den Jungen mehr Verantwortung übertragen und ein hart arbeitendes Team sei allemal besser, als eine pomadige Pseudopotentialtruppe ohne Herz.

Oder wurde letztes Jahr mit Christian Dubé etwa attraktiver gespielt als in den bisherigen vier Spielen? Also mir wäre das jedenfalls nicht aufgefallen, im Gegenteil.

Jetzt haben die Jungen die Möglichkeit, sich zu zeigen und Verantwortung zu übernehmen und sie machen es gut. Pascal Berger steht bei fünf Skorerpunkten und Joel Vermin bei deren drei. Wichtige Tore und Assists wohlgemerkt. Auch bei den Penaltys hat gerade Pascal Berger seinen Mann gestanden, währendem Christian Dubé am Samstag kläglich versagte.

Nicht dass ich falsch verstanden werde, auch ich bin der Meinung, dass der Angriff mittelfristig noch Ergänzung braucht. Aber nicht unbedingt jetzt. Man soll den Markt sondieren, sorgfältig abwägen und sich weder von den Medien, noch von irgendwelchen Grännis zu etwas drängen lassen. 

Das Laub hängt noch grün in den Bäumen, die Saison hat gerade erst begonnen. Freuen wir uns, dass wir keine Pomadentruppe, sondern eine beherzt kämpfende Mannschaft haben. Etwas unbeholfen zwar, aber mit Perlen, die Freude machen. Dass das Team ergänzt wird, dürfte so sicher sein wie das Amen in der Kirche. Aber das darf durchaus noch warten bis zum ersten Schnee.

Schauen wir mal, wie sich der SCB in Lugano schlagen wird. Martin Höhener soll wieder fit sein und Marc Reichert dürfte erneut als Verteidiger auflaufen.

Nachwievor schwierig präsentiert sich leider der Gesundheitszustand von Andreas Hänni. Er hatte sich am 30. Oktober 2010 im Spiel gegen die ZSC Lions wegen eines Ellbogens im Gesicht eine Hirnerschütterung zugezogen. Seither plagen ihn Schwindelgefühle, Orientierungsschwierigkeiten und Konzentrationsprobleme.

Eine Untersuchung im Universitätsspital Zürich hat jetzt ergeben, dass schwimmende Steinchen im Innenohr die Ursache für die Symptome sein könnten. Mit Vibrationen und Schwerkraft wird jetzt versucht, die Steinchen herauszubekommen. Soviel ich weiss, wird dabei durch gezieltes Drehen des Kopfes versucht, die Teilchen aus der Schnecke im Innenohr herauszubekommen. Andreas Hänni fühlt sich, nachdem die Therapie vor zwei Wochen begonnen hatte, jetzt etwas besser. Wann er aber wieder wird spielen können, steht derzeit noch in den Sternen.

Schade, gerade Andreas Hänni könnte dem SCB viel zusätzliche Stabilität und wertvolle Impulse für die kritisierte Feuerkraft bringen. Ich wünsche ihm jedenfalls viel Zuversicht und rasche Besserung.

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