Duc's Blog

Eishockey ist in vielerlei Hinsicht eine attraktive Sportart. Nicht nur das Geschehen auf dem Eis, sondern auch das Umfeld, die Berichterstattung der Medien, die Fans, die Stimmung in den Stadien und die Problematik der Sicherheit rund um die Spiele sorgen für jede Menge Gesprächsstoff.

Ich schreibe in meinem Blog vorwiegend über den Schlittschuh Club Bern.

Daneben greife ich gerne auch Themen wie Verbandspolitik und das Schiedsrichter- und Verbandsgerichtswesen auf. Ebenfalls am Herzen liegen mir gesellschaftspolitische Aspekte, welche sich bei der Sicherheitsproblematik in und um die Stadien in zuweilen wenig erfreulicher Art und Weise manifestieren.

Sonntag, 6. November 2011

Minisieg im besten Larry Huras Modus


Die Partie gegen den EVZ mit dem 4:3 Minisieg des SCB war ein typisches Spitzenspiel. Mehr Taktik und Fehlerminimierung, als offensiver Wahnsinn und Spektakel. Spektakulär waren allenfalls die Chronologie und die Berner Jungperlen

Die heutigen Abrufe meines Blogs zeigen, dass gelesen werden will. Ich habe bereits gelesen. Blick und NZZ. Wirklich schlau geworden bin ich aus dem Geschriebenen allerdings nicht.

Jetzt frage ich mich an diesem wunderbaren Sonntag im Spätherbst an einem lauschigen Plätzchen an der Aare gerade, was der SCB Fan nach einem Spiel wie jenem gegen den EVZ denn eigentlich gerne lesen möchte. Nicht weil ich schreiben möchte, was gelesen werden will, um Gottes Willen nein, sondern weil meine Gedanken zum „neuen SCB“ der letzten sechs Spiele wohl in eine Richtung gehen, die man lieber verdrängen würde, weil nicht sein kann, was nicht sein darf.

Der SCB hat sich in den letzten sechs Runden gemäss meiner Rechnungsart 3.6 Lüthis im Spektakelmeter erkämpft. Spektakel auf Eis, sind wir ehrlich, war das nicht. Gewiss, auch ich habe das Spiel gegen den EVZ mit 5 Lüthis gewertet. Ausgleichstreffer Sekundenbruchteile vor Schluss und überragende Jungspieler entsprechen nun mal dem, was der Hockeyzuschauer unter Spektakel versteht.

Doch nebst all dem zugegeben lustigen und durchaus originellen Gerede über Spektakel und so und so vielen Lüthis in den Medien, gibt es auch eine sportliche Komponente, über die ich mir nach den sechs Törmänen Spielen und vor der Natipause ein paar Gedanken machen möchte.

Das Spiel gegen Zug, das steht für mich fest, war nicht mehr als eine gute solide Partie des SCB in bestem Larry Huras Stil. Vielleicht ist es kein Zufall, dass Sven Leuenberger nach dem Spiel total die Fassung verloren haben soll und Schiedsrichter Danny Kurmann angeblich gar als Wichser bezeichnete.

Möglicherweise rührt Svens Zustand der Erregung davon, dass er dasselbe sieht wie ich: Das Quäntchen mehr Spektakel, das dem SCB von den Zuschauern und der Geschäftsleitung attestiert wird, gründet in erster Linie auf der Angst vor dem sportlichen Totalabsturz.

Tönt komisch, ich weiss. Aber es geht um Emotionen und die Gefühle von Angst und positiver Anspannung sind einander nahe verwandt. Es geht um das berühmte Rühren in der Magengegend, welches wir in der Hoffnung auf ein gutes Ende an einem Sportanlass so gerne erleben.

Vermutlich hätte sich gestern Abend dieses „Chribbeln“ in eine andere Richtung entwickelt, wenn Jean-Pierre Dumonts Sonntagsschuss Sekundenbruchteile vor Schluss am Tor vorbeigeflogen wäre. Niemand hätte von „5 Lüthis“ gesprochen und niemand wäre vom Gebotenen angetan gewesen.

Der SCB ist in den letzten sechs Spielen zweimal nach selbstverschuldeten Gegentreffern regelrecht auseinandergefallen. Situationen, die wir unter dem „langweiligen“ Larry Huras so nie erlebt haben. Das Spiel des SCB hängt zurzeit am vielzitierten seidenen Faden und wenn der reisst, dann kann ich nur sagen: Gute Nacht SCB.

Der SCB der letzten Spiele erarbeitet sich weder mehr gute Torchancen, noch ist er effizienter im Abschluss, noch hat sich das unterirdische Powerplay auch nur ein kleines Bisschen verbessert. Trotz der Verpflichtung des angeblich besten Ausländers auf dem Markt spielen sowohl die Söldner, wie auch die sogenannten Führungs- oder Schlüsselspieler beim SCB in keiner Art und Weise die Rolle, welche sie eigentlich spielen sollten und die man von ihnen erwarten müsste.

So ist es auch kein Wunder, dass sich keiner darum schert, dass unser Wunschausländer Byron Ritchie zurzeit verletzt ist. Warum das so ist, ist schnell erklärt: Es spielt ganz einfach keine Rolle, welcher von unseren Ausländern spielt. Akzente, die diesen Namen auch verdienen, kann keiner in genügendem Ausmass setzten.

Die besten Fortschritte hat in dieser Beziehung noch der verschmähte Joel Kwiatkowski gemacht. Bei gleichbleibendem Einfluss auf das Spiel hat er es zumindest geschafft, sich so im Zaum zu halten, dass er seine saublöden Strafen zu Unzeiten abstellen konnte. Jean-Pierre Vigier ist nicht viel mehr, als ein braver Caryl Neuenschwander der Luxusklasse und Byron Ritchie lebt, wie jetzt auch der neue „Star“ aus der NHL, weitgehend von den überragenden Hockeyküken an seiner Seite. Travis Roche scheint mir zurzeit der einzige zu sein, der einigermassen den Ansprüchen an einen Ausländer beim SCB genügen kann.

Bei den Schweizer Schlüsselspielern ist die Situation keinen Deut besser. Wen interessiert es schon, ob der teure Pseudo Topshot Thomas Déruns spielt oder nicht? Die Verpflichtung Déruns kann getrost als grösster Fehler der Neuzeit bezeichnet werden. Läuferisch, athletisch und technisch mag er ein Topspieler sein, aber sein Auge und seine intuitiven Fähigkeiten sind biederer Durchschnitt. Seine überragende Saison hat er vor zwei Jahren unter dem schlauen Chris Mc Sorley gespielt. Jetzt spielt er brav und fleissig auf seinem Niveau, welches in etwa dem des wesentlich billigeren Marc Reichert entspricht.

Ivo Rüthemann und Martin Plüss ihrerseits scheinen ihren Zenit überschritten zu haben. Sie sind zwar durchaus in der Lage, eine Mannschaft auf einem akzeptablen Niveau zu stabilisieren. Um in einem engen Spiel wie gegen den EVZ etwas zu Reissen oder gar den Unterschied auszumachen, fehlt ihnen aber das Quäntchen Durchschlagskraft. Sie leben in gleichem Masse vom hoffnungsvollen Teenager Christoph Bertschy, wie Jean-Pierre Dumont und Byron Ritchie vom Edeljuwel Joel Vermin leben.

Ryan Gardner ist Ryan Gardner. Ein braver Spassspieler, schneller und technisch beschlagener als man meinen könnte. Aber ohne einen Joel Vermin an seiner Seite ist niemand vorhanden, der mit seinen durchaus guten Ideen und mit seinen genauen, aber für unser Eishockey zuweilen zu harten Pässen etwas anzufangen weiss. Gardner wurde nicht geholt, um das Spiel zu Reissen. Er wurde als Mosaikstein geholt, das aber im momentanen SCB gewissermassen mitten auf dem Tisch im Abseits steht.

Die Punkteausbeute der letzten sechs Spiele ist gemessen an den Saisonzielen des SCB zu gering. Mit weniger als 100 Punkten nach der Qualifikation ist ein Platz unter den ersten 4 nicht zu holen. In den Spielen gegen Lugano, Genf, Kloten, Ambri, Langnau und Zug hat der SCB lediglich 11 Punkte geholt. 12 wäre das Minimum gewesen, die Niederlage gegen Langnau hätte nicht passieren dürfen und gegen die potentiellen Mitstreiter um die Spitzenplätze Zug und Lugano hat man lediglich 2 von 6 möglichen Punkte geholt. Gewiss, es fehlt nur ein Punkt in meiner Milchbüechlirechnung. Aber da man schon vorher nicht im Soll war, wiegt dieser Punkt gewissermassen doppelt.

Der SCB hat an defensiver Stabilität eingebüsst, ohne offensiv besser geworden zu sein. Man wird regelmässig ausgekontert, macht Stellungsfehler und lässt vor dem eigenen Tor die nötige Aggressivität vermissen. Das Powerplay konnte immer noch nicht verbessert werden und würde so nicht einmal den Ansprüchen einer Organisation genügen, die um den Ligaerhalt spielt. Die Schlüsselspieler und die Ausländer haben immer noch nicht mehr Einfluss auf das Spiel und genügen daher ebenfalls nicht. Zusammen mit der Punktebilanz der letzten sechs Spiele muss man, zumindest wenn man ehrlich sein will, aus sportlicher Sicht eine negative Bilanz ziehen.

Kein Wunder also, ist der sonst so besonnene Sven Leuenberger am Samstagabend ausgerastet. Er, der überzeugt war, dass das Saisonziel, vierter Platz nach der Qualifikation und Halbfinal, mit dieser Mannschaft unter Larry Huras zu erreichen ist, sieht die Felle davonschwimmen.

Ich langsam auch. Ein vierter Platz dürfte illusorisch sein und auf welche Gegner wir als fünfter oder sechster der Qualifikation ohne Heimvorteil treffen werden, darf sich jeder selber ausmalen.

Sind wir ehrlich: Die TV Bilder vermögen die Situation, welche zum Ausschluss von Caryl Neuenschwander geführt haben, nicht restlos aufzuklären und das Bully, welches zum Ausgleich in Extremis geführt hatte, hätte es wohl nicht geben dürfen. Strittige Szenen müssen, gerade wenn Nulltoleranz mit nur drei Schiris gespielt wird, in Kauf genommen werden. Ausserdem gehören Diskussionen über Schiedsrichterentscheide sowieso ins Latein der Holzhütte, da Verliererlatein.

«Du änderst deine Meinung in etwa so, wie das Wetter im Berner Oberland», hat mir neulich ein Frechling geschrieben. Das mag so sein. Nur ist es halt beim Beschreiben von Eishockeyspielen, wie auch beim Beschreiben vom Wetter so, dass sich die Dinge von Tag zu Tag, oder von Spiel zu Spiel ändern können. Ein Orkan in Nordamerika kann dazu führen, dass sich die Grosswetterlage im Berner Oberland von stabil, in orkanartige Niederschläge mit Erdrutschen und Hochwassern wandeln kann.

Und eine Trainerentlassung kann eine an sich stabile Truppe in lichten Momenten in ein Spektakelensemble verwandeln, welches 5 Minuten später total die Orientierung verliert.

Harren wir der Dinge die da kommen werden. Interessant wird es so oder so werden. Der neue Besen hat wenigstens dazu geführt, dass die Fans dem SCB wieder mit Wohlwollen entgegentreten. Zumindest so lange, bis die grosse Masse ebenfalls die Felle davonschwimmen sieht.

Ich für meinen Teil werde so oder so auf meine Rechnung kommen: Entweder durch das Spektakel auf dem Eis, oder dann halt durch das Spektakel im Umfeld.

In diesem Sinne viel Spass trotz langweiliger Natipause.

3 Kommentare:

  1. Wie immer ein spannender Artikel. Ich stelle mir aber die Frage lebt Vermin nicht auch von den Ausländern und basiert Bertschy's Erfolg nicht auch von der Erfahrung unserer Natispieler?

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  2. Auch die epische Länge des Beitrags und die stetige Annäherung an den Stil von Klaus Zaugg vermögen dessen eklatanten inhaltlichen Schwächen nicht zu übertünchen. In welchem Zusammenhang zB steht der (als gescheitert postulierte) Trainerwechsel mit dem wenig konstruktiven Generalveriss von 3/4 des SCB Kaders? Von mir gibts für diesen Artikel 0 "Duc's" für Blog-Qualität.

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  3. Wahrscheinlich auch etwas Grundlagenirrtum. Dass der SCB ein Kandidat für die ersten 4 Plätze sein soll, ist in erster Linie eine Idee der Medien. Schon im Vorjahr sah man bedeutend besser aus, als man effektiv war. Die 1/4-Finals gegen Langnau waren ein Glückstreffer, gegen noch nicht abgelöschte Langnauer hätte der SCB viel mehr Mühe gehabt, und es wäre nicht so einfach gewesen, nachträglich die Saison als "gut" zu klassieren. Das war sie nämlich absolut nicht. Und dass der SCB aktuell nicht mehr Torchancen erarbeitet als unter Larry wage ich ernsthaft anzuzweifeln. Aber es stimmt, dass die "Jungen noch zu jung" und die "Alten schon zu alt" sind. Immerhin, dafür, dass von 50% des Teams zu wenig kommt, stehen wir gar nicht so schlecht da. Für mich ist aber wieder eine Entwicklung sichtbar, was im Hinblick auf den immer deutlicher sichtbaren Generationenwechsel zuversichtlich stimmt. Der SCB hätte seine grosse Zeit in den letzten 10 Jahren gehabt, leider hat man wenig daraus gemacht. Jetzt sind andere am Drücker, und der SCB befindet sich im Umbau. Das entschuldigt natürlich auch nicht alles. Gruss Talisker

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