Duc's Blog

Eishockey ist in vielerlei Hinsicht eine attraktive Sportart. Nicht nur das Geschehen auf dem Eis, sondern auch das Umfeld, die Berichterstattung der Medien, die Fans, die Stimmung in den Stadien und die Problematik der Sicherheit rund um die Spiele sorgen für jede Menge Gesprächsstoff.

Ich schreibe in meinem Blog vorwiegend über den Schlittschuh Club Bern.

Daneben greife ich gerne auch Themen wie Verbandspolitik und das Schiedsrichter- und Verbandsgerichtswesen auf. Ebenfalls am Herzen liegen mir gesellschaftspolitische Aspekte, welche sich bei der Sicherheitsproblematik in und um die Stadien in zuweilen wenig erfreulicher Art und Weise manifestieren.

Samstag, 22. Oktober 2011

Der grosse Knall beim SCB: Marc Lüthi feuert Trainer Larry Huras

Der SCB verlor ein weiteres Heimspiel im Trauerspielmodus gegen ebenso bescheidene ZSC Lions mit 1:2 nach Verlängerung. Für Larry Huras war es die berühmte Niederlage zu viel. Er wurde unmittelbar nach Spielschluss von Marc Lüthi und Walter Born, dem Verwaltungratspräsidenten der SCB Eishockey AG, gefeuert

Es war schon fast so etwas wie eine Revolution, was sich in den letzten Wochen in Bern abspielte. Die Mannschaft, der Trainer, der Sportchef, ja selbst der CEO und die ganze Organisation schienen auf bestem Weg zu sein, das Vertrauen und den Zuspruch seiner grossen und treuen Fangemeinde zu verlieren. Statt sich mit dem Team zu solidarisieren, hörte man anlässlich der Spiele nur noch sarkastische Sprüche. Auch ich sprach gestern nach dem himmeltraurigen Powerplay mit 5 gegen drei davon, dass die Mannschaft jetzt mit den Moskitos bei null beginnen und einfache Basisübungen wie Scheibe spielen und annehmen üben sollte.

Als der SCB sich im letzten Drittel dann darauf beschränkte, bei einer 1:0 Führung dem Gegner das Spiel zu überlassen und ohne Not nur noch auf Halten des Resultates zu spielen, hat es auch mir den Nuggi definitiv rausgejagt. «Wer so spielt, sollte im Sinne des Sportes verlieren», waren sinngemäss meine Worte.

Nach dem verlorenen Spiel twitterte ich, bemüht mit den wenigen zur Verfügung stehenden Zeichen etwas Treffendes zu formulieren, folgende Worte: «Warum dieses passive Mistspiel im letzten Drittel? Die Leute sind gegangen, wollten die Verlängerung nicht sehen. SCB Spiel, Larry Huras?»

Ja, die Leute haben das Stadion nach der regulären Spielzeit tatsächlich in Massen verlassen. Sie waren enttäuscht, wütend und wollten sich die Verlängerung nicht mehr antun. Nicht etwa wegen den verlorenen Punkten, sondern weil der SCB Antihockey spielte, das nicht mehr zum Dabeisein war. Ein an sich unglaublicher Vorgang, dass die Leute vor einer Verlängerung mit möglichem Penaltyschiessen davonlaufen. Das geht eigentlich gar nicht.

Was sich dann nach dem Spiel in der PostfinanceArena abspielte, war schon fast surreal. Wir standen vor der Oldies Bar und fluchten über den Trainer und sein Totengräberspiel. Es ist ja gewöhnlich nicht meine Art, den Trainer für eine Niederlage in einem einzelnen Spiel verantwortlich zu machen. Aber wenn der Trainer, so wie im letzten Drittel gespielt wurde, nicht nach spätestens 5 Minuten ein Timeout nimmt, kann das nur bedeuten, dass die Spieler das umsetzten, was ihnen in der Drittelspause aufgetragen wurde oder dass der Trainer seine Mannschaft bereits verloren hat.

«Wenn es einen souveränen Sieg gegeben hätte, wäre es zu keiner Entlassung gekommen. Bei einem erknorzten Erfolg dagegen wäre es ebenfalls so herausgekommen», sagte Marc Lüthi nach dem Spiel. Man kann in diese Aussage ohne zu Polemisieren hineininterpretieren, dass die Entlassung eigentlich bereits vor dem Spiel beschlossene Sache war. Wer hätte schon einen souveränen Sieg gegen die Lions erwartet?

Die Nachricht der Entlassung erreichte uns per Mund zu Mund Message und verbreitete sich in Windeseile durch das Stadion. Ungläubig wurden die iPhönlis gezückt, um die Nachricht zu verifizieren und so wie ich die Reaktionen der Leute beobachtete, war man froh und erleichtert über diesen, zum jetzigen Zeitpunkt doch eher überraschenden Schritt.

Zuvor ist ja bereits durchgesickert, dass beim SCB bis Saisonende Jean-Pierre Dumont (33) für Spektakel sorgen soll. Der Kanadier, buchte in 873 NHL-Spielen für Chicago, Buffalo und Nashville 557 Skorerpunkte und soll jetzt also beim SCB die Flaute im Angriff beenden.

Na ja, ich wollte eigentlich heute schreiben, dass ich Dumont, welcher bereits im Februar 2005 während der NHL-Lockout-Saison ein kurzes Gastspiel beim SCB gegeben hatte und damals in 13 Spielen neun Punkte erzielte, die Rolle des ersehnten Messias und Spektakelmacher nicht zutraue. Aber so wie die Dinge sich jetzt entwickelt haben, brauchen wir hoffentlich gar keinen Messias mehr. Vielleicht gelingt es nämlich dem neuen Trainer, mit dem an sich reichlich vorhandenen Potential so Eishockey zu spielen, dass die Leute zukünftig beim Stand von 1:1 nicht mehr davonlaufen.

Dann bräuchten wir nur noch einen smarten Stürmer, der weiss wo das Tor steht und dieses auch gelegentlich trifft. Eine Rolle, die  Jean-Pierre Dumont, welcher allerdings noch eine NHL Ausstiegsklausel bis am 25. Oktober besitzt, durchaus spielen könnte.

Persönlich kann ich mit der Trainerentlassung leben. Unser Powerplay ist das Schlechteste der Liga, technisch spielt die Mannschaft weit unter ihrem Niveau und die Spielart ist wenig attraktiv, um nicht zu sagen stinklangweilig.

Marc Lüthi nahm nach dem Spiel zur Trainerentlassung gegenüber SF DRS wie folgt Stellung:

«Einerseits ist das Hockey das wir spielen nicht das Hockey, welches die Zuschauer sehen wollen, andererseits spielen wir momentan nicht erfolgreich. Zusammen geht das überhaupt nicht. Unsere Zuschauer haben das Anrecht, in dieser Halle unterhalten zu werden. Wir sind der Überzeugung, dass das im Moment nicht der Fall ist und dass auch keine Aussicht besteht, dass sie mittelfristig unterhalten werden und der SCB dazu noch erfolgreiches Hockey spielt.

Der eigentliche Ausschlag für die Entlassung waren einerseits die letzten fünf bis sechs Spiele und andererseits war das heutige Spiel das „Tüpfchen auf dem I“.»

Ein fahler Nachgeschmack bleibt insofern bestehen, dass man den Vertrag mit Larry Huras im Januar 2011 ohne Not und in einer Zeit verlängerte, als längst absehbar war, dass man spätestens im Halbfinale ausscheiden würde. Der SCB spielte nämlich bereits in der letzten Saison weder «schöner», noch erfolgreicher.

«Für den Moment», wie Marc Lüthi betonte, übernimmt Antti Törmänen, unterstützt von Lars Leuenberger die Nachfolge von Larry Huras. Ich verzichte jetzt darauf, eine Liste von gescheiterten Beförderungen von Assistenzcoaches zu Headcoaches zusammenzustellen. In der Regel funktioniert das nicht und ich bin generell kein Anhänger von «Vizelösungen.»

«Slava Bykov, der es nach seiner Spielerkarriere auch als Trainer zu Weltmeister und Olympiasiegerehren gebracht hatte, ist übrigens zurzeit vereinslos. Ein reizender Gedanke, wenn man sich vorstellt, dass Trainer Bykov dem SCB wohl als erstes wieder Laufen, Passen und Kombinieren beibringen würde», habe ich in einem meiner letzten Blogs geschrieben.

Ein Traum ich weiss. Keine Ahnung ob das funktionieren würde. Aber es wäre etwas Grosses, Unerwartetes. Der Zauber wäre mit einem Schlag zurück. Auch die Erwartungen, was ich durchaus positiv werten würde.

Der SCB ist mit seinen Tochterfirmen ein Imperium, welches nicht überleben kann, wenn niemand über ihn spricht oder etwas von ihm erwartet. Langweilige Bescheidenheit mag andernorts als sympathisch und härzig gelten, der SCB hingegen braucht den Nimbus von Macht, Geld und Arroganz.

In diesem Sinne soll Marc Lüthi weiter rocken und dem frechen Fribourger Zahnarzt an der Spitze des IIHF die Hosen runterlassen. Wer ist schon der IIHF und für was braucht es diesen überhaupt, hat er doch in den letzten Jahren kaum etwas brauchbares zustande gebracht.

Ob es Zufall ist, dass der schlaue Intrigant mit der Nummer 32 seit Saisonbeginn spielt wie ein Frührentner, werden wir sehen. Die Herren Rüthemann, Plüss, Gardner und der teure Thomas Déruns stehen jetzt aber in der Pflicht! Ab jetzt gibt es keine Ausreden mehr. Wenn Larry Huras tatsächlich der Bremsklotz des zur Genüge vorhandenen spielerischen Potentials war, ist diese Bremse jetzt weg. Bringen die Schlüsselspieler jetzt die geforderte Leistung nicht, werden sie brutal im Gegenwind stehen. Zumindest in meinem Blog.

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