Duc's Blog

Eishockey ist in vielerlei Hinsicht eine attraktive Sportart. Nicht nur das Geschehen auf dem Eis, sondern auch das Umfeld, die Berichterstattung der Medien, die Fans, die Stimmung in den Stadien und die Problematik der Sicherheit rund um die Spiele sorgen für jede Menge Gesprächsstoff.

Ich schreibe in meinem Blog vorwiegend über den Schlittschuh Club Bern.

Daneben greife ich gerne auch Themen wie Verbandspolitik und das Schiedsrichter- und Verbandsgerichtswesen auf. Ebenfalls am Herzen liegen mir gesellschaftspolitische Aspekte, welche sich bei der Sicherheitsproblematik in und um die Stadien in zuweilen wenig erfreulicher Art und Weise manifestieren.

Donnerstag, 13. Oktober 2011

SCL Tigers: Die Grünen machen blau

Seit dem «GREENDAY» am 22. Januar 2011, als die SCL Tigers mit einem 2:3 Auswärtssieg in Rapperswil die erstmalige Playoff Qualifikation geschafft hatten, vermochten die Tigers von insgesamt 25 Spielen gerade noch deren 5 zu gewinnen

Das heiss erwartete Viertelfinale gegen die verhassten «Möffen» aus Bern, welche man aus den Playoffs zu putzen gedachte, verlor man ohne jegliche Chance sang und klanglos mit 0:4.

Eine himmeltraurige Bilanz, zumal man in Langnau von Aufbruchsstimmung und neugewonnenem Winnerspirit fabulierte und wohl davon ausging, dass Hexenmeister John Fust trotz sehr durchzogener Transferbilanz den Erfolg gewissermassen gepachtet hätte und eine erneute Playoff Qualifikation in dieser Saison daher lediglich Formsache sei.

Immerhin haben es die Tigers geschafft, den SCB in diesem Viertelfinale so einzulullen, dass die Berner im Halbfinale drei Spiele brauchten, um wieder auf Betriebstemperatur zu kommen. So gesehen können die Tigers für sich in Anspruch nehmen, den SCB indirekt doch noch aus den Playoffs gekickt zu haben.

Die Abgänge von soliden bis guten NLA Spielern wie Sven Helfenstein, Andreas Camenzind und Daniel Steiner konnten nicht adäquat ersetzt werden. So glaubte man allen Ernstes, mit Robin Leblanc, dem Sinnbild des mittelmässigen Occasion, sei der zu Lugano abgewanderte «geldgeile Verräter» Daniel Steiner zu ersetzen. Leblanc mag als Soldat im System Del Curto funktioniert haben, als Leader taugt er aber in etwa so viel, wie ein Esel als Zuchtstier für eine edle Milchkuh.

Den grössten Bock haben die Langnauer aber bei der Besetzung des Torhüterpostens geschossen. Welchen Teufel Ruedi Zesiger geritten hat, als dieser den wertvollen und gut integrierten Curtis Murphy aus dem Tal jagte, um die Ausländerlizenz für einen ausländischen Torhüter zu vergeben, wird wohl für immer sein Geheimnis bleiben. Fakt ist, dass Conz Nachfolger Robert Esche zurzeit gewissermassen das Löcherbecken der Liga symbolisiert und jeden Puck in bester David Aebischer Manier auf die Stöcke der angreifenden Spieler abprallen lässt. Die Tigers, welche in der vergangenen Saison noch äusserst solid agierten, haben in der aktuellen Meisterschaft nach 13 Spielen bereits 52 Tore kassiert, was 4 erhaltenen Toren pro Spiel entspricht. Zumindest in dieser Disziplin sind die Tigers damit unangefochtener Leader in der NL A.

Man hatte mit Urban Leimbacher bereits früh einen durchaus soliden Torhüter verpflichtet, der es erlaubt hätte, ein gewisses Risiko einzugehen. Ein Risiko deshalb, weil der begehrte Martin Gerber auf einen Vertrag in Nordamerika hoffend mit seiner Zusage zuwarten musste. Zu lange, für die aus der souveränen Ruhe «gegreenshirteten» Langnauer. Der von Olten kommende Leimbacher spielte in der vergangenen Saison während der Abwesenheit von Benjamin Conz (U20-WM) bereits für die Tigers und zeigte dabei hervorragende Leistungen. Langnau gewann in jener Zeit sämtliche Spiele. Hätte Zesiger etwas Geduld und Nerven gehabt, eigentlich die sprichwörtliche Stammtugend der Talbewohner, hätte man jetzt «ds Füfi u z Weggli.» Martin Gerber würde statt in Schweden bei Aufsteiger Växjö Lakers das Tor der Emmentaler hüten und Curtis Murphy wäre den Tigers erhalten geblieben. Einen Occasionhüter aus dem Ausland hätte man, wenn alle Stricke gerissen wären, immer noch verpflichten können.

Auch mit Joël Perrault, seines Zeichen Wunschspieler von Trainer Fust, scheint man eine veritable Niete gezogen zu haben. Immerhin darf man in diesem Fall hoffen, dass dieser über ein beträchtliches Steigerungspotential verfügt. «Was dieser angebliche Star Perrault im Tigerdress zeigt, ist in meinen und auch in anderen Augen schlichtweg eine abgrundtiefe Frechheit,» ist zu diesem Thema auf dem Tigers- Forum zu lesen. Man stelle sich vor: Für Perrault liess man Mike Iggulden ziehen. Iggulden führt zurzeit in Schweden die Skorerliste mit 17 Punkten aus neun Spielen, 9 Tore und 8 Assists, souverän an. Sogar zahlreiche Fans der «Möffen» wären vor der Saison einer Verpflichtung Igguldens nicht abgeneigt gewesen. «Von Perrault muss eindeutig mehr kommen, das weiss er auch,» erklärte John Fust gegenüber der BZ denn auch. Bisher hätte aber der pfeilschnelle Marathonläufer Brendan Brooks, den man ebenfalls hatte ziehen lassen, wohl bessere Dienste geleistet.

Stattdessen wird jetzt der Ruf nach einem ausländischen Verteidiger laut, welcher für den schwachen Esche die Abwehr stabilisieren und den ins Stocken geratenen Spielaufbau orchestrieren sollte. Eine Aufgabe, welcher Rückkehrer und Hoffnungsträger Martin Stettler offensichtlich nicht gewachsen ist. «Warum ums Himmelsgottswillen muss man die Pfeife Stettler zurück ins Emmental holen,» kann man zu diesem Thema auf dem ansonsten besonnenen Forum der Tigers lesen. Ganz zu schweigen von Philipp Rytz, der schon in Bern mehr mit dummen Strafen, als mit solider Abwehrarbeit und kreativem Einfluss auf das Spiel auffiel und auch in Fribourg nicht wirklich zu reüssieren vermochte.

Vielleicht wäre ja der in Bern umstrittene Joel Kwiatkowski eine Alternative. Kwiatkowski ist zurzeit hinter Byron Richie zweitbester Skorer und hat durchaus Potential und sicher auch noch Steigerungspotential in unserer Liga. Gut möglich, dass er in Langnau aufblühen und dadurch konstanter und solider würde.

«Wir sondieren den Markt nach neuen Ausländern. Ob sich etwas ergibt, hängt aber auch vom Budget ab,» ist jedenfalls von Trainer Fust zum Thema Ausländer zu vernehmen. Man darf gespannt sein, ob Peter Jakob, welcher inklusive seiner Zusicherungen für den Stadionumbau wohl bereits gegen 20 Mio. Franken in die Tigers gebuttert haben dürfte, den Säckel noch einmal öffnet um einen weiteren Ausländer, wohl einen Verteidiger, zu verpflichten. Will man nicht bereits vor dem Fallen des Laubes sämtliche Playoff Ambitionen begraben, muss jedenfalls das offene Scheunentor irgendwie geschlossen werden, kassierte man doch bereits fünf Mal (!) in dieser Saison einen Shorthander.

Auf Trainerneuling Fust sollte man sich nicht zu fest verlassen. «In jedem Training arbeiten wir hart und betreiben intensiv Videoanalyse. Und doch gibt es Spieler, die immer wieder die gleichen Fehler machen,» enerviert sich John Fust. Mit den Motivationssprüchen der letzten Saison, in der in vielerlei Hinsicht optimale Verhältnisse für einen Neuanfang herrschten, dürften Probleme dieser Art jedenfalls nicht mehr gelöst werden können. Auch die Kabine hat man bereits neu gestrichen und der neue «Winnerspirit» hat man ebenfalls schon beschworen.

Aber wie ist es abgesehen von den getätigten Transfers möglich, dass nach dem grössten Erfolg der Langnauer Neuzeit ein solcher Absturz folgen konnte?

Am 24. Februar 2011, zwei Tage nach dem Greenday zu Rapperswil, habe ich in meinen Blog geschrieben:

«Nachdem man sich die Playoff Qualifikation am 22. Januar in Rapperswil gesichert hatte, nahm das Verhängnis seinen Lauf. Die Spannung löste sich und machte Festereien Platz, die in diesem Ausmass gewöhnlich nur nach Meistertiteln stattfinden.

Seither bringen die Tigers kein Bein mehr vor das andere.

Man gewann von sechs Spielen nur noch gerade deren zwei. Dabei kassierte man 25 Tore, was pro Spiel 4,16 Gegentoren entspricht. Kompaktheit, wie sie in den Playoffs von Nöten ist, sieht anders aus.

Die Playoff Qualifikation hatte bei den Tigers also den gleichen Effekt, wie seinerzeit der Gewinn der CL für die ZSC Lions. Ein vorgezogener Saisonhöhepunkt zu Unzeiten, eine Euphoriebremse die geeignet ist, das Grosssegel zu reissen und damit den Rückenwind zu verlieren.

Zufriedenheit ist eingekehrt, in Langnau.»

Am 1. Februar 2011 zum gleichen Thema:

«Man sollte also aufpassen, dass man den Rückenwind nicht dem Marketing opfert.

Auch sollte man aufhören, die Playoffqualifikation wie einen Titel am Ende einer Saison zu feiern. Einerseits wirkt das Ganze lächerlich, andererseits ist diese feuchtfröhliche Saisonfinalestimmung Gift für die Spieler. Durchaus möglich, dass dieses süsse Gift seine verheerende Wirkung bereits entfaltet hat.»

Ja, es hat die Wirkung entfaltet und sie hält bis zum heutigen Tag an. Man hat seinerzeit mit diesen grünen Shirts nicht nur den sportlichen Rückenwind verkauft, sondern auch die Geduld und die Schlauheit in der Phase der Transfers für die neue Saison.

Kurz vor den Playoffs sah ich in irgendeinem Blatt, ich weiss nicht mehr in welchem, ein Bild mit einem Plakat, welches in der Ilfishalle hing. Darauf stand irgendetwas von Kommerz und SCB geschrieben. Spötteleien dieser Art sind zwar unter rivalisierenden Clubs gang und gäbe. Aber irgendeinmal kommen sie unweigerlich auf einem zurück.

So wird die Schlachthauskurve der Langnauer Fans jetzt aus Gründen des Kommerzes beim geplanten Umbau der Holzhütte aufgegeben und die Fans werden die Seite wechseln müssen. Das ist zwar durchaus nachvollziehbar und kann als pragmatisch und vernünftig bezeichnet werden, wird die Kurve durch diese Massnahme doch deutlich vergrössert. Aber Kommerzgeschwafel an die Adresse des SCB dürfte in Zukunft nicht mehr angemessen sein. Auch die Langnauer werden merken müssen, dass Spitzensport ohne ein gewisses Mass an Kommerz im dritten Jahrtausend auch im Hügelland nicht mehr funktioniert.

Nimmt mich wunder, wie die Langnauer ihre neue Kurve dann nennen werden. In Anlehnung an die Markthalle auf der neuen Kurvenseite würde ich «Chaubermäritkurve» vorschlagen.

Apropos Spott: Neulich fabulierte ich mit einem ausserkantonalen SCB Fan mittels Facebook Chat über Gott und das Eishockey. Mein Copain hatte sich am TV gerade das Spiel Ambri gegen Langnau angesehen und war offensichtlich etwas irritiert ab dem Anhang der Tigers. Jedenfalls schrieb er sinngemäss:

«Als ich die Tigers Fans in Ambri gesehen habe, musste ich feststellen, dass es in der Schweiz tatsächlich noch Höhlenbewohner gibt. Dort hatte es 7 Yetis mit Langnauer Jacken. Der Eine hatte noch zwei Zähne,» meinte er irritiert.

Und zu guter Letzt, ich verzichte auf eine Übersetzung, weil man glaubt es kaum, fragte der Lümmel doch tatsächlich noch: «Weh lang hesch eigentlich mit em Traktor vu Langnau is Tessin?»

Na ja, etwa 8 Stunden würde das über den Gotthard wohl dauern. Ich weiss, solches Geschreibsel wird höchstens ärgern, aber kaum jemand wirklich interessieren. Aber etwas Häme, wer will es mir verwehren, gehört bei diesem Thema halt einfach dazu. Jedenfalls meinte der Ausserkantonale daraufhin betupft, ein Lümmel sei ein Depp, was ich natürlich in keiner Art und Weise sagen wollte. Ein Sürmel ist kein Glünggi und ein Lümmel ist kein Depp.

Wenn wir schon beim Begriffsfetischismus gelandet sind: «Pomadig» heisst keinesfalls ohne Einsatz. Pomadig geht gemäss Duden in Richtung schwerfällig und träge. Diese Definition ist mir wichtig, weil ich dieses Wörtchen gelegentlich verwende, wenn der SCB brav und fleissig wie eine Fabrikarbeitertruppe agiert. Durchaus fleissig zwar, aber eben trotzdem mit Leim an den Kufen.

Item, man darf gespannt sein, wie sich die Situation in Langnau entwickelt. Klaus Zaugg hat die Emmentaler «Krisen Festspiele» jedenfalls bereits ausgerufen. Die Ruhe, die seit dem Abgang der Windfahne mit den Rassenpferden im Emmental herrscht, dürfte also Hektik und Polemik Platz machen. Und auf dem Eis folgen Gegner wie Davos, (H) Genf, (A) Ambri (H) und Lugano (A).

In diesen Spielen muss die Trendwende geschafft werden. Ansonsten können sich die Tigers die Playoffs bereits im Spätherbst abschreiben.

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