Duc's Blog

Eishockey ist in vielerlei Hinsicht eine attraktive Sportart. Nicht nur das Geschehen auf dem Eis, sondern auch das Umfeld, die Berichterstattung der Medien, die Fans, die Stimmung in den Stadien und die Problematik der Sicherheit rund um die Spiele sorgen für jede Menge Gesprächsstoff.

Ich schreibe in meinem Blog vorwiegend über den Schlittschuh Club Bern.

Daneben greife ich gerne auch Themen wie Verbandspolitik und das Schiedsrichter- und Verbandsgerichtswesen auf. Ebenfalls am Herzen liegen mir gesellschaftspolitische Aspekte, welche sich bei der Sicherheitsproblematik in und um die Stadien in zuweilen wenig erfreulicher Art und Weise manifestieren.

Montag, 24. Oktober 2011

Von Lynchjustiz, oder wenn der Pöbel Regie führt

Nach der überraschenden Freistellung von Meistertrainer Larry Huras durch Marc Lüthi und Walter Born, kommt nach anfänglicher überwiegender Zustimmung jetzt die Phase der Reflexion. Woran ist es gelegen, wer ist schuld und wer trägt die Verantwortung, ist die Frage

Ob die «Marketingentlassung» von Larry Huras richtig war, lässt sich wohl erst im Dezember, wenn die Meisterschaft zugunsten der Kriegskasse des HCD für einige Tage unterbrochen wird, schlüssig beurteilen.

Der Massstab wird sein, dass die Unterhaltung auf dem Eis stimmt, man sportlich weiterhin auf Tuchfühlung mit der Spitze ist und dass die Löcher auf der Rampe kleiner und die Warteschlangen vor den Bierständen wieder länger werden.

Dass die Entlassung letztendlich vom wütenden Mob verursacht wurde, lässt sich aber jetzt schon sagen. Larry Huras wurde entlassen, weil sich die Zuschauer schlecht unterhalten fühlten und deshalb immer lauter nach raschen Konsequenzen schrien. Blutdurst kam auf und man wollte Köpfe rollen sehen. Ins Visier gerieten Sportchef Sven Leuenberger, der nicht im Stande sei, eine konkurrenzfähige Mannschaft zusammenzustellen, Trainer Larry Huras und sein «System des emsigen Geknorzes» und nicht zuletzt auch Marc Lüthi, welcher in den Augen vieler schon längst das Tafelsilber hätte freigeben sollen, damit die Indianer im Team durch Schillerfalter ersetzt werden können und zumindest ein Tribünenplatz immer von einem Ausländer besetzt wird.

In den Foren und den Kommentarspalten der diversen einschlägigen Webportalen wurde teils durch nachvollziehbare, teils aber auch durch total überzogene Fundamentalkritik schlechte Stimmung verbreitet. Dass solches auch zur Folge hat, dass dadurch Gelegenheitszuschauer von Spielbesuchen abgehalten werden, schleckt keine Geiss weg.

Daneben hört man auch immer mehr, dass langjährige Abobesitzer den Spielen fernbleiben, was natürlich zur Konsequenz hat, dass kein Bier gesoffen, keine Bratwurst gefressen und kein Schläckseckli im OFC Lädeli gekauft wird. Neben den satten 4 Millionen, die man angeblich für die Miete des grössten Kühlschrankes Europas bezahlen muss, führt das Fernbleiben von Zuschauern unweigerlich zu finanziellen Problemen, welche sich mittelfristig auch auf die Qualität der getätigten Transfers auswirken würden.

«Wir haben den Trainerwechsel in allererster Linie in Eurem Interesse getroffen», war heute von Marc Lüthi auf der SCB Startseite zu lesen. Zu jenem Zeitpunkt waren der Titel und die drei ersten Abschnitte meines Blogs bereits geschrieben und die These der Lynchjustiz durch den Pöbel wird damit von höchster Stelle bestätigt.

Mit „Chrampfen bis zum letzten und dem Einsatz von jungen Spielern“, wie es immer wieder gefordert wird, ist es eben in Bern nicht gemacht. Es braucht nicht nur Siege, sondern in erster Linie grosse Siege, um das Publikum in Bern zufrieden zu stellen. Die Indianer wie Caryl Neuenschwander und Marc Reichert sind gut und recht, solange die Künstler tanzen.

Gehen aber Spieler wie Martin Plüss oder Ivo Rüthemann auf Tauchstation, werden die Chrampfer zum Abschuss freigegeben oder es wird zumindest gefordert, sie abzuschieben. Laufender Vertrag hin oder her.

Ich finde es gut, dass Sven Leuenberger in die Offensive gegangen ist und seinen Missmut zum vollzogenen Trainerwechsel öffentlich bekundete. «Zu dem was passiert ist, kann ich keine Auskunft geben, weil ich das nicht entschieden habe», sagte er zu Journalistenfragen. «Es war kein sportlicher Entscheid, sondern ein Marketing-Entscheid.»

Die dauernde, meist haltlose Kritik, die Sven in den letzten Jahren einstecken musste machte es nötig, dass er mit diesem Wiederspruch gegenüber Entscheiden, die nicht in seinem Sinn waren, im Hinblick auf die Zukunft sein Profil schärfte. Hätte er geschwiegen, er hätte sich nämlich zum Hampelmann gemacht. Ich selber habe letzte Woche in einem Chat die Vermutung geäussert, dass Sven Leuenberger in wichtigen Fragen allenfalls Varianten vorschlagen darf, aber über keinerlei Entscheidungsgewalt verfügt.

«So wie es in der alleinigen Kompetenz des Verwaltungsrates liegt, einen Trainer freizustellen, so ist es auch die alleinige Kompetenz des VR, einen Trainer anzustellen. Der VR hat Antti Törmänen und Lars Leuenberger als neues Trainerduo bestimmt. Sportchef Sven Leuenberger trägt diesen Entscheid voll mit», sagt Marc Lüthi.

Interessant die folgenden Worte: «Daraus ergibt sich, dass Sven Leuenberger trotz dieser Meinungsdifferenz das uneingeschränkte Vertrauen des VR geniesst.»

Mit anderen, meinen Worten würde das heissen: «Hätte Sven Leuenberger diesen Entscheid nicht voll mitgetragen, hätte man ihn ebenfalls zum Teufel gejagt.» Duc, das kann ich euch sagen, hätte noch am Freitagabend die Konsequenzen gezogen und seinen Posten zur Verfügung gestellt.

Bleibt die Frage, wer dann letztendlich die Verantwortung trägt, wenn das Experiment „mitem Erschtlehrjahrsstift a der Bande“ scheitert. Der VR mit der alleinigen Kompetenz einen Trainer einzustellen, oder der Sportchef, der diesen Entscheid voll mittrug?

Ich bin böse, ich weiss. Aber ich bin generell für Nägel mit Köpfen. Trainer entlassen meinetwegen. Für die wirtschaftlichen Gegebenheiten und die sehr spezielle Situation mit den Ansprüchen des SCB Publikums habe ich volles Verständnis. Ist das destruktive Theater einmal angelaufen, müssen Köpfe rollen, damit sich der Pöbel beruhigt.

Der Mob wird aber nicht lange ruhig sein, wenn nach einem Strohfeuer von drei Spielen nebst der Spielkultur auch noch die von Larry Huras aufgebaute gute Arbeitseinstellung und die Disziplin verloren geht. Ein Trainer bei einem Club wie dem SCB braucht einen vollen Rucksack an fachlicher Kompetenz und menschlicher Autorität. Daneben braucht er das Ego eines Christoph Blocher, um im Haifischbecken SCB zu bestehen. Eigenschaften, die ein 41 jähriger Trainerneuling gar nicht haben kann. Der wird zittern wie Espenlaub, wenn seine «180 Grad Kehrtwende» in der Hockeyphilosophie nicht funktioniert und der Pöbel zu pfeifen und mit Bierbechern um sich zu werfen beginnt.

Klaus Zaugg dürfte bereits daran sein, die Bleistifte zu spitzen und an Formulierungen zu schleifen, um die Dinge, die da kommen könnten, mit der nötigen Blumigkeit zu umschreiben.

Nein, ich bin weder ein Pseudooptimist noch ein Schwarzmaler. Lediglich ein langjähriger Zirkusbesucher, der sich einen gewissen Zweckpessimismus angeeignet hat. Je grösser das Spektakel auf dem Eis, je langweiliger der Zirkus Drumherum und umgekehrt. Für mich wird es, komme es wie es wolle, jetzt sowieso eine ganz interessante Saison werden. Auch wenn ich, so wie sich die Dinge entwickelt haben, mit einem weiteren Trainerwechsel und eher mehr Spektakel neben, als auf dem Eis rechne.

«Larry Huras war ein Teil unseres Teams und hat sehr gut gearbeitet-es ist nicht sein Fehler, dass es zurzeit nicht rund läuft.» Fast sind mir die Tränen gekommen, ab den fürsorglichen Worten unseres Captains Martin Plüss. Wenn das Publikum den Trainer gelyncht hat, dann haben ihn unsere sogenannten Teamleader und Künstler Plüss, Rüthemann, Gardner und der sauteure Déruns nämlich mit himmeltraurigen Nulleistungen gemeuchelt.

Winkiwinki und Starkult gegenüber den genannten Herren ist ab jetzt fehl am Platz! Jedenfalls solange sie den Karren, den sie absaufen liessen, nicht wieder aus dem Dreck gezogen haben. Ich gehe schwer davon aus, der angeblich so selbstbewusste neue Trainer als erste Amtshandlung bereits EINEN neuen Captain bestimmt hat. Sei es auch nur, um für den Schritt vom Vize zum Chef Profil zu markieren. Denn nur an Larry alleine, soviel ist sicher, kann es nicht gelegen haben, dass es so weit kommen musste, wie es gekommen ist. Eher daran, dass die potentiellen Leader nicht willens oder in der Lage waren, die ihnen zugedachte Rolle im Team adäquat zu spielen.

In diesem Sinne wünsche ich uns allen gute Unterhaltung und den Verantwortlichen viel Glück, dass die getroffenen Entscheidungen die richtigen waren.

Олимпийская чемпионка из России будут по-прежнему бесплатно!

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