Duc's Blog

Eishockey ist in vielerlei Hinsicht eine attraktive Sportart. Nicht nur das Geschehen auf dem Eis, sondern auch das Umfeld, die Berichterstattung der Medien, die Fans, die Stimmung in den Stadien und die Problematik der Sicherheit rund um die Spiele sorgen für jede Menge Gesprächsstoff.

Ich schreibe in meinem Blog vorwiegend über den Schlittschuh Club Bern.

Daneben greife ich gerne auch Themen wie Verbandspolitik und das Schiedsrichter- und Verbandsgerichtswesen auf. Ebenfalls am Herzen liegen mir gesellschaftspolitische Aspekte, welche sich bei der Sicherheitsproblematik in und um die Stadien in zuweilen wenig erfreulicher Art und Weise manifestieren.

Montag, 16. Januar 2012

Der SCB, ein sportlicher Schläfer


Viertelfinal, Viertelfinal, Meister, Halbfinal. Qualisieger, Qualisieger, Qualisieger, Qualidritter. Das ist die sportliche Bilanz einer Topmannschaft in den fetten Jahren.

Ob die fetten Jahre jetzt vorbei sind, oder ob es gelingt, die fetten Jahre mit klugen strategischen Entscheidungen und schlauen Transfers zu verlängern, wird sich weisen. Die Voraussetzungen scheinen mir dank der vorbildlichen Führung des Gesamtunternehmens SCB trotz der momentanen Wirren gut zu sein.

Schaut man sich aber die aktuelle Tabelle an, kommt man ins Grübeln. Hätte der SCB nur einigermassen seinen Möglichkeiten entsprechend gespielt, könnte man dank der Schwächen der Mitkonkurrenten um die Top 2 spielen. Stattdessen musste man immer und immer wieder ermüdende Erklärungen abgeben, warum man gegen einen potentiell schwächeren Gegner einmal mehr die Leidenschaft und damit die richtige Einstellung vermissen liess.

Es kommt mir vor wie letzte Saison, als man benebelt vom Meisterblues mit denselben Erklärungen den möglichen zweiten Qualirang vergeigte und in den Playoffs das entscheidende Spiel mit der Holzhackeraufstellung mit 0:1 verlor. Der Gipfel meines persönlichen Ärgers war, dass man dem dämlichen Fan anschliessend erklärte, man habe eine „gute Saison“ gespielt.

Man könnte dieses Phänomen falsche Genügsamkeit oder fehlender sportlicher Ehrgeiz nennen. Mir kommt es zuweilen fast so vor, als wären wir ein netter, fett gewordener und genügsamer Kuschelbär, welcher sich gerne hinter den Ohren kraulen lässt.

Dabei sollten beim SCB dringendst auch in sportlichen Belangen die Resultate wieder vermehrt an dem gemessen werden, was eigentlich möglich gewesen wäre. Die Schlüsse, die man daraus ziehen würde, könnten nämlich durchaus anders ausfallen, als wenn man die Sache mit der polierten rosaroten Brille betrachtet. Stattdessen verweist man auf andere, die es schlechter gemacht haben und sonnt sich daran, dass man im Vergleich zum ZSC oder zu Lugano eigentlich ganz gut dasteht.

Das mag sein, aber wenn mehr möglich gewesen wäre, sollte man sich an den besseren orientieren. Man sollte nicht vergessen, dass Eigenschaften wie Selbstzufriedenheit und falsche Genügsamkeit zum Tod jeglicher Leistungskultur führen. Jener Leistungskultur mit dazugehörendem psychologischen Firlefanz, welcher bei der herrschenden Dichte im Spitzensport weitaus mehr als nur das Pünktchen auf dem I ausmacht.

Der SCB hat sich seit dem Zusammenbruch 1998 zu einer hervorragend organisierten und bestens funktionierenden Organisation entwickelt. Sportlich aber ist man aber ein Schläfer, welcher seit Jahren in der Qualifikation fleissig wie der Vorarbeiter an der Büchsenschliessmaschine an der Spitze mitspielt, es aber versäumt, das letzte Quäntchen Ehrgeiz zu entwickeln, um die Ernte einzufahren.

Dass die Ansprüche in Bern in vielerlei Hinsicht hoch sind, kennen wir. Auch dass der SCB als gesunde Vorzeigeorganisation ein hohes Neid- und Schadenfreudepotential generiert. Das lässt die Klicks natürlich in die Höhe schnellen, wenn der Papst oder sonst wer Krisenpolemik betreiben kann. Wer möchte es unter diesen Umständen der für Werbegeld berichtenden Medienschar verübeln, wenn polemisiert und gespottet wird?

Dass Negativpresse die öffentliche Meinung beeinflusst und zusätzlich Druck auf die Entscheidungsträger generiert, ist so sicher wie das Amen nach einer tiefgründigen Sonntagspredigt. Die Zuschauerränge lichten sich, der Bierausstoss sinkt, der Pöbel pfeift bereits beim zweiten Fehlpass eines Powerplays und die Minen der Sponsoren, die ihren Kunden einen unterhaltsamen Sportabend mit Cüpli und Häppchen bieten wollen, verfinstern sich.

In diesem Sinne hat das allgemeine Langeweilegestänker im letzten Herbst dem SCB in sportlicher Hinsicht nicht eben genützt. Die Dynamik, welche sich daraus entwickelte, könnte einmal mehr dazu führen, dass man letztendlich erneut nicht das erreicht, was eigentlich möglich wäre.

Der SCB braucht aus den genannten Gründen gerade im sportlichen Bereich Leute, die diesen besonderen Druck aushalten können. Es braucht Leute, die sich einen Deut darum kümmern, was die Medien schreiben, ob der Pöbel pfeift oder ob das Management hyperventiliert. Es braucht Leute, die eisig wie das Polarmeer ihren Saisonplan mit arroganter Überzeugung durchzuziehen imstande sind.

Larrys Ego hat die Kabine gefüllt und hat „die Untrainierbaren“ soweit diszipliniert, dass die Ordnung gewahrt wurde und jeder am selben Strick zog. Selten verlor man die Ordnung oder wurde mal für mal ausgekontert, wie zum Beispiel letzten Freitag in Langnau. Ohne Larrys Ego mag manch einer, obwohl der Geist in der Mannschaft eigentlich intakt war, eine gewisse Befreiung verspürt haben. «Man habe jetzt mehr Freiheiten und könne sich besser entfalten», hörte man von den Spielern. Man hat es gesehen, in den ersten heiteren Neubesenpartien.

Nur geht es neben persönlicher Entfaltung in einer Mannschaftssportart eben auch um zugewiesene Rollen und um das sich Einordnen in ein Gesamtkonstrukt namens Team. Es geht um die vielen kleinen Dinge, welche der Einzelne noch vor der Entfaltung der eigenen Freiheiten zugunsten des Teams zu erledigen hat. Spielen diese Basiselemente nicht zu 100%, läuft man in Konter und die Freude macht verbissener Ratlosigkeit Platz. Die Folgen sind falsche Entscheidungen, unnötige Gegentore, blöde Strafen und Niederlagen.

Wie las man heute in der Zeitung so schön: «Wir haben die Detailpflege vernachlässigt.»

Der Trainer macht in diesem Spiel zumindest 50% aus. Die Mannschaft weitere 50%, wovon sich 80% oder mehr im psychologischen Bereich abspielen. Man braucht sich in dieser Beziehung keine Illusionen zu machen: Perfekt austrainiert und „parat“ sind die Buben heutzutage alle.

Was ich damit sagen will: Bei einer Organisation wie dem SCB, bei dem der geringste Gegenwind von den Zuschauern und den Medien derart viel Druck produziert, braucht es auf den sportlichen Schlüsselpositionen Leute, welche diesem standhalten können.

Man sagt nicht umsonst, dass der SCB für einen Trainer das grösste Haifischbecken Europas sei. Es ist kein Zufall, dass der SCB immer dann erfolgreich spielte, wenn charismatische Trainer mit Erfolgsausweis und einem grossen Ego das Zepter führten.

Gut zureden ist gut und recht, scheitert aber am Ego der Spieler. Disziplin und Detailpflege sind das A und O im Spitzeneishockey. Man krankt jetzt seit zwei Monaten an fehlender Stabilität. An der taktischen Basis also. Bräuchte ein neuer Natitrainer soviel Zeit um einer Mannschaft ein stabiles Spiel beizubringen, würde eine Spielergeneration nicht ausreichen.

Der SCB verfügte aber bereits über ein stabiles Spiel. Ein langweiliges zwar, aber durchaus geeignet, um im Laufe der Saison variantenreicher gestaltet zu werden.

Die Lösung mit Törmänen mag sympathisch und durchaus spannend sein. In erster Linie war sie aber gelinde ausgedrückt sehr mutig. Nüchtern betrachtet kann das nämlich mittelfristig nur ins Fiasko führen. Wenn nicht jetzt, dann spätestens im nächsten Herbst. Schon jetzt kommt es mir nach Gegentoren zuweilen fast so vor, wie seinerzeit unter Alan Haworth.

Wenn ich daran denke, dass in Marly ein Weltmeister und Olympiasieger ein Frührentnerleben führt, einer der unsere Liga kennt wie seine Westentasche und die Arena bis zum Dach mit Charisma füllen würde, dann wird mir schwindlig.

Und sollten wir trotz allem das Halbfinale schaffen und im Frühjahr würde Ralph Krüger frei, ich bekäme Bauchkrämpfe.

Erfolgsgarantien gibt es wie wir alle wissen keine im Sport. Aber es gibt das Gesetz der Wahrscheinlichkeit und die Erfahrung aus der Vergangenheit.

In diesem Sinne und wie schon einmal geschrieben: Sollte der SCB mit dem momentanen Setting Erfolg haben, muss am höchsten Punkt der Arena eine Buddha-Statue mit dem Konterfei von Marc Lüthi aufgestellt werden.  

In aeternum! Amen.

3 Kommentare:

  1. Tja, mein lieber Duc. - In Marly, da ist er. Der Hockeygott höchstpersönlich. Und natürlich steht es jedem Verein frei, in Marly entweder mal vorbeizugehen oder mal anzurufen. - Aber ob sich die Clubbosse getrauen, bei so einer Koryphäe anzuklopfen, weiss ich nicht. - Aber etwas weiss ich ganz bestimmt: Wenn Bykov senior etwas macht, dann macht er es ganz. Oder gar nicht. Und weil ich weiss, wie viel Grundschule in den top Ligen auch heute noch gemacht wird, dann bezweifle ich, dass die Spieler in der Schweiz das durchzuziehen in der Lage wären. Es ist doch so schön, im Taining etwas locker herzumschufahren, ein paar Spielzüge zu trainieren, ein paar Schüsse abzugeben und voilà. - Grundschultraining ist mühsam und erinnert mich ans Tonleiter spielen im Klavierunterricht als ich jung (jaja!!) war. - Ich wäre natürlich dafür (bin ja schliesslich selbst auch Grundschul-Trainer!) und habe schon in Foren für einen "alten Teschechen oder Russen" geworben oder für Üpu von Allmen. - Ob die Buben das aber verkraften würden, wage ich in unserer Weicheierliga doch stark zu bezweifeln. - In diesem Sinne e schöne Tag! - GO-4-IT

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  2. Sehr interessanter Bericht. Wann arbeitest du als Sportjournalist bei der BZ?
    Stimme dir vor allem auch in der Akte Törmänen zu. Für mich nur eine Frage der Zeit bis man Törmänen absetzen muss. Sicherlich ein guter Typ mit einer Eishockeyphilosophie die gar nicht schlecht wäre, aber zu wenig gut um damit bei Schweizer Spielern durchzudringen, schon gar nicht in Bern.

    Ich gehe so weit mit meinen "Spinnereien", dass ich behaupte ein gewisser Absturz sei gewollt. Denn nur dann kann ML einen Befreiungsschlag landen und Krüger als Nachfolger vorstellen. Dieser möchte offensichtlich wieder als Trainer in der Schweiz amten, zudem sollen sich ML und Krüger ziemlich gut kennen und verstehen.

    Könnte mit dieser Lösung leben, der Name Gilligan will mir allerdings auch nicht aus dem Kopf. Auch diese Lösung wird man ins Auge fassen müssen.

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  3. Leider scheint die "Befreiung" bereits verpufft. Was im November noch geklappt und höchstens nach noch etwas fehlendem Finetuning ausgesehen hat, soll jetzt nur noch ein Scherbenhaufen sein. Nach 2 Spielen unter Törmännen habe ich mir ungläubig die Augen gerieben, da kamen plötzlich Pässe an, man spielte den Gegner nach allen Regeln der Kunst aus (...nicht grad so wie Kloten oder Zug, aber nach 2 Spielen ohne "Banden-Ecken-Brätscher" Hockey doch passabel...). Aber eben, nach den jüngsten Ereignissen muss man wohl zur Kenntnis nehmen, dass eine kollektive Amnäsie die Spieler befallen hat, weshalb man jetzt wieder alles vergessen hat, was Hockey eigentlich bedeuted. Sind wir wieder soweit, dass wir sagen müssen "...der Trainer ist halt zu lieb.." ? Ich neige eher zum Statement "....wieder eine Saison im Eimer..."
    Gruess Talisker

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