Duc's Blog

Eishockey ist in vielerlei Hinsicht eine attraktive Sportart. Nicht nur das Geschehen auf dem Eis, sondern auch das Umfeld, die Berichterstattung der Medien, die Fans, die Stimmung in den Stadien und die Problematik der Sicherheit rund um die Spiele sorgen für jede Menge Gesprächsstoff.

Ich schreibe in meinem Blog vorwiegend über den Schlittschuh Club Bern.

Daneben greife ich gerne auch Themen wie Verbandspolitik und das Schiedsrichter- und Verbandsgerichtswesen auf. Ebenfalls am Herzen liegen mir gesellschaftspolitische Aspekte, welche sich bei der Sicherheitsproblematik in und um die Stadien in zuweilen wenig erfreulicher Art und Weise manifestieren.

Samstag, 28. Januar 2012

Wie man Punkte auch veräppeln kann

Der SCB gewann gegen einen schwachen EVZ mit 4:5 nach Penalty, nachdem die Berner in den Schlussminuten eine scheinbar sichere 1:4 Führung noch aus der Hand gaben.

Das Spiel begann schon fast obligat: Der SCB holte mit einem unnötigen Stockfoul von Andres Hänni in der 2. Spielminute die obligate frühe Strafe und der Zuschauer war geneigt zu denken, dass sich damit das nächste Unheil ankündigt.

Der SCB überstand die Strafe aber schadlos und zeigte in der Folge, dass man sich für die Partie etwas vorgenommen hatte. Die schwachen Zuger fanden kein Rezept, um den um Stabilität ringenden SCB in Verlegenheit zu bringen. Selbst die zu zahlreichen Strafen der Marke Unnötig, welche sich die Berner leisteten, vermochte der Leader nicht auszunützen.

Phasenweise spielte der SCB, als hätte es nie eine Krise gegeben. Defensiv schnörkellos, offensiv ansprechend und effizient. Selbst im Powerplay glänzte der SCB mit einer Erfolgsquote von 50%.

Was der neue Kanadier Geoff Kinrade anbelangt, scheint unser Perlenpflücker ein gutes Händchen gehabt zu haben. Es geht eben nichts über einen Sportchef, welcher dank seinen guten Beziehungen auch im Januar im ausgedörrten internationalen Verteidigermarkt noch ein Juwel ausgraben kann. Man soll den Tag nicht vor dem Abend rühmen, aber wer auf die Referenzen eines Gaetano Orlando zählen kann, hat im Europäischen Eishockey gute Karten.

Jedenfalls spielte Geoff Kinrade, als wäre er im Team bereits bestens integriert. Defensiv schnörkellos, mit gutem Auge für Spiel und Mitspieler, läuferisch und technisch ansprechend und mit guten öffnenden ersten Pässen.

Nachdem der SCB bis Ende zweiten Drittels mit 1:4 in Führung gehen konnte und auch im letzten Drittel lange nichts darauf hindeutete, dass der EVZ an diesem Abend noch etwas würde ausrichten können, begann ich mich langsam zu hinterfragen, warum der in Fribourg noch gerupfte SCB wie von Geisterhand plötzlich wieder so etwas wie Stilsicherheit gefunden zu haben schien. Lüthis Toben, die Fanaktion vom letzten Samstag oder die Sitzungen mit dem Psychologen?

Ich hatte ja als Grund des Übels Verunsicherung infolge taktischer Verluderung ausgemacht. Marc Lüthi, der es eigentlich besser wissen müsste, sich aber mit der Marketingentlassung gewissermassen zum Steuermann eines lecken Schiff gemacht hatte und dem es deshalb an der gelassenen Sicht des interessierten Beobachters mangeln könnte, sprach von «kein Einsatz, keine Leidenschaft und kein Wille»,  währendem der bedauernswerte Sven Leuenberger, welcher jetzt als Sandsack für frustrierte herhalten muss, einen Hühnerhaufen diagnostiziert hatte.

Leidenschaftslosigkeit konnte man dem SCB im Spiel gegen Zug jedenfalls nicht vorwerfen. Ab der 54. Minute aber, als Dominic Lammer den 2:4 Anschlusstreffer für den EVZ markierte, rückte die Verunsicherung und damit der Hühnerhaufen wieder in den Vordergrund.

Der SCB zerfiel in ein Panikorchester und die entfesselten Zuger schossen innert 5 Minuten drei Tore zum 4:4 Ausgleich.

Es ist für mich absolut unbegreiflich, wie unser Coaching-Staff die psychologische Falle aus dem Kapitel «Sportpsychologie für ambitionierte Trainerneulinge» übersehen konnte. Das war so klar wie ein Penalty im Fussball, dass eine verunsicherte Mannschaft in dieser Situation in höchste Gefahr kommen würde. Durchatmen, Besinnen und dann wieder angreifen wären angesagt gewesen. Stattdessen liess man es zu, dass die Mannschaft den Fokus total verlor, sich zurückzog und den Zugern Raum und Zeit überliess.

Dass Antti Törmänen nach dem 2:4 sein Timeout nicht nahm, ist unbegreiflich. Dass er es nach dem 3:4 nicht nahm, ist dilettantisch!

So schaffte es der SCB tatsächlich, die sicher geglaubten 3 Punkte in den Schlussminuten noch zu vertrotteln. Was eine kurze Verschnaufpause hätte bringen können, zeigte die positive Reaktion der Mannschaft in der Verlängerung, als noch einmal mutig der Sieg gesucht wurde. Positiv war auch, dass man im Penaltyschiessen die Nerven doch noch im Zaum hielt und man sich dadurch wenigstens noch den Zusatzpunkt sichern konnte.

Die in meinem letzten Blog angetönten Zusatzpunkte konnten in Zug eingespielt werden. Eigentlich müsste man in Anbetracht der vergangenen Spiele mit den zwei Punkten in Zug hochzufrieden sein. Meine Zufriedenheit richtet sich allerdings immer auch nach dem, was möglich gewesen wäre. In diesem Sinn bin ich gespalten zwischen Zufriedenheit und dem Ärger des verlorenen Punktes, welcher hinter der Bande veräppelt wurde.

Gefallen haben mir die zuletzt arg kritisierten Philipp Furrer und Ryan Gardner, der erfreuliche Einstand von Geoff Kinrade, Pascal Berger, Marc Reichert, Olivier Gigon und David Jobin. Herrlich war auch, wie die Edeljungperle im ersten Drittel den schwachen Andy Wozniewski schwindlig spielte.

Wäre Joel Kwiatkowski derart neben den Schuhen gestanden, wie gestern Andy Wozniewski, er würde, wenn er sich heute unter den Berner Lauben blicken liesse, wohl durch die Strassen der Altstadt geprügelt, wie ein streuender Hund.

Für das heutige Spiel gegen Kloten wünsche ich mir, dass die blöden, zuweilen schon fast in Richtung Undiszipliniertheit gehenden Strafen abgestellt werden! Kloten muss im heutigen Heimspiel im Hinblick auf den Kampf um den Heimvorteil im Viertelfinale mit allen Mitteln geschlagen werden!

Der Patient ist noch nicht geheilt und der in den Schlussminuten verspielte Vollerfolg war nicht eben gut für die Psyche.

So hoffe ich, dass der amerikanische Sportpsychologe Saul Miller die richtigen Worte finden wird und dass er auch mit Antti Törmänen ein ernstes Lehrgespräch über psychologisch heikle Momente in einem Eishockeyspiel führen wird.

Und was ich noch sagen wollte: Den 4:4 Ausgleichstreffer von Josh Holden hätte Brent Reiber meines Erachtens nicht geben müssen.

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