Duc's Blog

Eishockey ist in vielerlei Hinsicht eine attraktive Sportart. Nicht nur das Geschehen auf dem Eis, sondern auch das Umfeld, die Berichterstattung der Medien, die Fans, die Stimmung in den Stadien und die Problematik der Sicherheit rund um die Spiele sorgen für jede Menge Gesprächsstoff.

Ich schreibe in meinem Blog vorwiegend über den Schlittschuh Club Bern.

Daneben greife ich gerne auch Themen wie Verbandspolitik und das Schiedsrichter- und Verbandsgerichtswesen auf. Ebenfalls am Herzen liegen mir gesellschaftspolitische Aspekte, welche sich bei der Sicherheitsproblematik in und um die Stadien in zuweilen wenig erfreulicher Art und Weise manifestieren.

Dienstag, 29. März 2011

Showdown in Kloten: Elend oder Glückseligkeit

Jetzt geht es für den SCB also darum, in der Kolping Arena den vierten Sieg in Serie einzufahren und sich damit in extremis für das Finale zu qualifizieren. Eine Niederlage im entscheidenden Spiel käme für die Berner nach der begeisternden Aufholjagd einer Ernüchterung und einer grossen Enttäuschung gleich

Das Stadion in Kloten dürfte heute tatsächlich ausverkauft sein. Das Spiel wird also in würdiger Atmosphäre und mit offenen Messern über die Bühne gehen. Der Bessere wird gewinnen und wird von sich sagen können, das Finale verdient erreicht zu haben.

Noch vor einer Woche waren sich die Medien und die Fraktion der Schadenfreudigen einig: Der SCB mit seinem ungelenkigen und antiquierten Brockenstubensystem hat gegen die Hockeyästheten aus der Flughafenstadt keine Chance und wird sang und klanglos aus den Playoffs fliegen.

Sogar einige Langnauer wagten sich nach dem scheinbar vorentscheidenden 3:0 per SMS hinter den Miststöcken hervor, was dann in etwa so tönte:

«Hallo Duc Meischterlichi Grüess. Tigere erlege isch eis, aber gäge d Flügere useflüüüge… Tja, schön herrscht Grächtigkeit!»

Na ja, ich habe noch keine Antworten verfasst, auf solche digitale Schmähpost. Ich werde das aber wohl bis zum Spielbeginn der Belle noch tun. Es wäre billig, erst nach einer allfälligen Finalqualifikation zu antworten. Etwa gleich billig, wie Schadenfreude beim Stand von 3:0.

Item, ein Meisterfan lässt sich von solchem Geschreibsel nicht aus der Ruhe bringen. Genauso wenig liess sich der SCB von den unglücklichen Niederlagen vom seinem Weg abbringen. Larry machte etwas taktisches Neutralzonenfeintuning und begann in Cowboystiefeln und mit Bärchenkrawatte Elefanten zu fressen.

Und so fängt jetzt also alles wieder alles bei null an und das Mutmassen über die Favoritenrolle kann von neuem beginnen. Das Momentum wird wieder neu ausgelotet und es darf nach Gründen gesucht werden, warum es wer durchzieht, oder wer es kurz vor dem Ziel doch noch vergeigt.

Das vielzitierte und trotzdem rätselhafte Momentum, ich würde das Phänomen aus der Börsensprache, bezogen auf das Eishockey, mit psychologischem Rückenwind umschreiben, dürfte aber beim SCB liegen. Zumindest wenn man nicht wieder in die alte Krankheit zurückfällt und sich in vermeintlicher Sicherheit in die Bequemlichkeit des Pomadenmodus zurückzieht.

Man darf den Flyers keinen Millimeter freies Eis zugestehen! Finden sie dieses, werden sie uns erneut um die Ohren fahren! Um sich vom psychologischen Rückenwind tragen zu lassen, müssen die Segel mit viel Kraft und Leidenschaft gespannt werden!

Wer nach einem 0:3 Rückstand zurückkommt und sich dadurch die Möglichkeit schafft, sich in einem alles entscheidenden Spiel die angestrebte und bereits verloren geglaubte Finalqualifikation doch noch zu holen, ist mental sehr stark und muss eigentlich nur noch die Welle der Emotionen weitersurfen und das Doping der Euphorie nutzen, um mit noch wacherem Geist und noch stärkeren Beinen durchzupowern. Nicht denken, sondern fokussieren und dabei auf das Quäntchen Glück vertrauen, welches es immer auch noch braucht.

Trotzdem besteht gerade bei dieser Ausgangslage auch die Gefahr, dass sich ein verhängnisvolles Nervenflattern einstellt. Im Gegensatz zu den letzten drei Spielen geht es jetzt nämlich nicht mehr nur darum, sich gegen das Ausscheiden zu wehren. Jetzt geht es vielmehr darum, sich für das Finale zu qualifizieren. Ein kleiner, psychologisch aber nicht unwesentlicher Unterschied.

Ausserdem hat es bisher noch niemand geschafft, in einem Halbfinale ein 3:0 auszugleichen und dann die Serie noch zu gewinnen. Und die Flyers verloren in dieser Saison nie vier Spiele in Serie.

Was mich in dieser Sache aber etwas beruhigt, ist die Tatsache, dass der SCB bereits im letzten Frühling im alles entscheidenden siebten Playofffinale in einer ähnlichen Situation cool blieb und gewann. Man kam damals sogar früh in Rückstand und konnte trotzdem die Ruhe bewahren und reagieren.

Und die Kloten Flyers?

Nachdem sie das erste Spiel gegen einen aus den Viertelfinalspielen gegen die Tigers eingerosteten SCB deutlich und verdient mit 4:1 gewinnen konnten, lief in den ausgeglichenen Partien Nummer 2 und 3 die Scheibe, begünstigt durch individuelle Fehler des SCB, mehrheitlich für die Klotener.

Ob die Flyers mit der vermeintlich sicheren 3:0 Führung etwas zu selbstsicher agierten, oder ob ihnen aufgrund der schmalen Personaldecke in der Abwehr nach und nach der Schnauf ausging, ist von aussen schwierig zu beurteilen. Jedenfalls gelang es ihnen kaum mehr, mit Tempo in die Berner Zone vorzudringen. Da Krampf- und Murkstore keine Schönspielerdisziplinen sind, brachten die Flyers in den letzten drei Spielen lediglich noch mickrige drei Törchen zustande.

Für die Flyers wird es in dieser Finalissima jetzt darum gehen, die sicher geglaubte Finalqualifikation vor eigenem Publikum nicht noch zu vergeigen. So gesehen befinden sich die Klotener erstmals in dieser Serie sprichwörtlich mit dem Rücken zur Wand.

Im Gegensatz zum SCB können sie sich ausserdem nicht darauf verlassen, nur so weiterspielen zu müssen, wie in den letzten Partien. Kloten ist gefordert und muss sich überlegen, ob sie für das letzte Spiel die taktische Marschroute ändern sollen, oder ob sie gar auf den Ausländerpositionen rotieren wollen. Sie könnten zum Beispiel den Langenthaler Jeff Campbell für den hitzköpfigen Mark Bell bringen. Oder Campbell für Rintanen, welchem es gestern im Gedärme rumort haben soll. Es wäre nicht das erste Mal, dass ein solcher Wechsel in einer entscheidenden Partie den Unterschied ausmacht.

Ein wahres Dilemma, für Anders Eldebrink. Cool an der bisherigen Taktik und der spielerischen Marschroute festhalten, oder mutig die Linien umstellen und rotieren?

Die Flyers haben den Heimvorteil und der SCB das Momentum. Gewinnen wird letztendlich das abgeklärtere, geduldigere und wohl auch das glücklichere Team.

Glück kann man aber mit Mut, Leidenschaft und unbändigem Kampfwillen beeinflussen. Der SCB hat gezeigt, was Mut, Kampf und Leidenschaft ist. Man hat damit das Glück in dieser Serie bereits umgebogen und man muss bereit sein, es heute noch einmal zu tun! So gesehen bin ich zuversichtlich, dass man die Flyers niederringt und damit das letzte Kapitel des Berner Hockeymärchens schreiben wird.

Trotzdem steht die Chance auch in diesem Spiel bei 50:50.

Viel Glück! Los jetzt! Auf geht’s!

„ M Ä N N E R  L A S S T  D I E  B Ä R T E  W A C H S E N ! ! ! “

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